Das letzte Jahr einer Ära: Merkel - und dann?

1.1.2021, 15:07 Uhr

16 Jahre Kanzlerschaft von Angela Merkel - Eine Ära endet 2021. © Markus Schreiber, dpa

Am Ende dieses Jahres, das nun beginnt, wird das politische Deutschland eine neue Führung haben. Mit Angela Merkel wird nach 16 Jahren eine Bundeskanzlerin aus dem Amt geschieden sein, die für eine ganze Generation prägend war, ähnlich, wie es Helmut Kohl für die Vor-Vorgängergeneration war. Nicht nur aufgrund der vielen Jahre der Merkel´schen Kanzlerschaft wird man von einer Ära sprechen müssen; vor allem aufgrund der vielen Krisen während ihrer Regierungszeit und der einschneidenden Entscheidungen, die die Kanzlerin getroffen hat, wird von einer Ära zu sprechen sein. Finanzkrise, Euro-Schuldenkrise, Flüchtlingskrise, Coronakrise. Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht, Griechenlandrettung, Flüchtlingsaufnahme, Corona-Einschränkungen, Corona-Milliardenrettungspakete. Und das sind nur die wichtigsten Schlaglichter.


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Wenn etwas kennzeichnend war für Merkels Politik, dann, dass ihr pragmatisches, an den jeweiligen Erfordernissen orientiertes Handeln immer wichtiger war als Programmatik. Merkel hätte viele wichtige Entscheidungen völlig anders treffen können, wenn sie sich an den Traditionslinien ihrer Partei, der eigentlich konservativ geprägten CDU, orientiert hätte. Hat sie nicht. Zwar gibt es für Ereignisse von historischem Rang nur selten aus der Historie passende Handlungsanleitungen, weil die Umstände meistens andere waren und sind. Doch so alternativlos, wie Merkel manche ihrer Entscheidungen bewertete, waren sie nicht. Es war nicht alternativlos, nach der von einem Seebeben ausgelösten Havarie eines Atomkraftwerks in Japan aus der zivilen Nutzung der Atomenergie in Deutschland auszusteigen, die Bundeswehr zu einer reinen Berufsarmee zu machen, Griechenland im Euro-Raum zu belassen, über eine Million Flüchtlinge aufzunehmen. Es waren: ihre Entscheidungen. Alternativlos war, um dabei zu bleiben, die deutsche Wirtschaft mit Aber-Milliarden-Hilfsprogrammen durch die Corona-Zeit zu bringen.

Was – und wer – folgt aber nach Merkel?

Merkel hat im Lichte disruptiver politischer Lagebilder disruptiv entschieden, und dabei die Entwicklung Deutschlands und ihrer Partei spürbar verändert. Deutschland hätte sich in den vergangenen zwei Dekaden auch ohne Merkel verändert – ob Staat und Wirtschaft besser oder schlechter dastünden, wird kaum zu eruieren sein – doch der systemische Umbau der Energieversorgung und der Wiederaufbau der durch diverse Globalkrisen getroffenen Wirtschaft wird das Land noch lange beschäftigen. Wenn es gut läuft, profitiert Deutschland von einem sozialökologisch inspirierten Transformationstrend, der von den saturierten, wachstumsmüden Volkswirtschaften des Westens ausgeht; ob und wie lange dieser Trend hält, ist noch offen.



Was – und wer – folgt aber nach Merkel? Das wird sie selbst nur noch mittelbar beeinflussen können. Die CDU hat eine weichenstellende Vorsitzendenwahl vor sich, die wenn entschieden, die Tonalität des gesamten Bundestagswahlkampfs beeinflussen wird. Ein Friedrich Merz wird die Themen anders addressieren als ein Armin Laschet/Jens Spahn als ein Norbert Röttgen. Und bei der der Frage der Kanzlerkandidatur kommt die CSU mit Markus Söder ins Spiel. So oder so.

Wahljahr 2021: Helfen Merkels Umfragewerte der CDU?

Ob und wie die durch gewissenhaftes Krisenmanagement haussierenden Umfragewerte Merkels ihrer Partei im Wahljahr helfen, wird maßgeblich davon abhängen, wie Deutschland aus der Pandemie kommt. Kommen die Impfungen schnell voran und läuft die Wirtschaft wieder rund, wird es die Union sein, die davon profitiert. CDU und CSU würde es auch am meisten bringen, wenn, was alle hoffen, der neue Mann im Weißen Haus hält, was der Kandidat Joe Biden versprochen hat. Den Grünen wiederum reicht es, keine groben Fehler zu machen, um am Wahltag zu reüssieren.

Läuft es so, wird am Ende dieses Jahres wohl erstmals eine schwarz-grüne Bundesregierung stehen. Eine solche zu führen, wäre für Angela Merkel kein Problem, doch das Thema stellt sich nicht. Kanzler Merz, Vizekanzler Habeck/Baerbock? Passt nicht. Mit Laschet/Spahn und Röttgen geht fast alles. Und mit Söder? Viel.