Die SPD und Kühnerts Vorschläge: Wenn das Erbe zur Last wird

2.5.2019, 16:17 Uhr

Mit dem kleinen Kevin McCallister hat Kevin Kühnert auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Stammt der von Mcauley Culkin in "Kevin allein zu Haus" verkörperte Einbrecherschreck aus einem amerikanischen Wohlstandshaus, hat der Chef der SPD-Jugendorganisation seine Sozialisation in einem deutschen Beamten-Elternhaus erfahren. Auf den zweiten Blick dagegen zeigen sich doch Ähnlichkeiten zwischen beiden Kevins: Die Schreck-Eigenschaften.


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Denn Kühnert (er-)schreckt in schöner Regelmäßigkeit das eigene politische Lager. Hat er es vor einiger Zeit geschafft, SPD-Chefin Andrea Nahles monatelang vor sich herzutreiben, in dem er beständig darauf insistierte, die Partei könne sich nur in der Opposition inhaltlich und personell erneuern, so hat Kühnert den diesjährigen 1. Mai genutzt, um tief, ganz tief im Ideenarsenal der Sozialisten und Kommunisten zu graben. Gefunden hat er dort, was höchstens noch für ideengeschichtliche Hochschulseminare oder linksgewirkte studentische Diskussionszirkel geeignet erschien: Die Vergesellschaftung großer Konzerne und die Beschränkung von Immobilienbesitz, der irgendwie zu groß erscheint. Das würde kein vernunftbegabter tapferer Gewerkschafter mit Ahnung von Marktwirtschaft zum 1. Mai öffentlich äußern wollen.

 

Man kann Kühnerts Thesen damit abtun, dass sie ja dem persönlichen Gedankengut eines Juso-Chefs entsprangen, dass es ja Aufgabe einer Nachwuchsorganisation sei, dem Partei-Establishment auf die Füße zu reten, es zu nerven, es zu: erschrecken. "Was hat der denn geraucht?", fragt denn auch Johannes Kahrs. Der Hamburger Bundestagsabgeordnete ist allerdings einer der Sprecher des sogenannten Seeheimer Kreises in der SPD, der als konservativ gilt; doch es gibt auch andere Kreise bei den Sozialdemokraten – jene um den Linken Ralf Stegner zum Beispiel, der Kühnert prompt verständnisvoll beisprang, gesellschaftliche Missstände ausmacht, die durch "demokratischen Sozialismus" beseitigt werden sollten.

Dieser "demokratische Sozialismus" prägt noch immer das Grundsatzprogramm der SPD. Darauf beruft sich auch Kühnert. Das ist zumindest ehrlich. Dass man in der Partei bemüht ist, eine neue Grundsatzdebatte gar nicht erst entstehen zu lassen, sagt einiges aus. Das eigene Erbe kann eine Last sein.