"Eklatantes Regierungsversagen": Söder nach Test-Panne unter Druck

13.8.2020, 11:33 Uhr

Erst vor wenigen Tagen kündigte Markus Söder in Nürnberg an, die Testkapazitäten in Bayern massiv ausbauen zu wollen.  © Peter Kneffel/dpa

Bayern will einen Dienst für ganz Deutschland leisten, so formulierte es Ministerpräsident Markus Söder - und Zehn-, womöglich sogar Hunderttausende Reiserückkehrer auf das Coronavirus testen. So, das zumindest der ehrgeizige Plan, sollen Infektionsketten frühzeitig erkannt werden.

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Es scheiterte an der Verarbeitung der Daten, das ist mittlerweile klar. Rund 44.000 Menschen haben auch Tage nach ihren Abstrichen ihre Ergebnisse nicht, mindestens 900 von ihnen sind positiv. Das räumte die Staatsregierung am Mittwoch ein.

Jetzt gerät Markus Söder zunehmend unter Druck. Der CSU-Politiker sagte noch am Mittwochabend eine geplante Reise an die Nordsee ab. "Bayern", sagte der Ministerpräsident, "geht vor". Bislang meldete sich Söder aber nur über den Kurznachrichtendienst Twitter. Zur Krisen-Kommunikation schickte er Gesundheitsministerin Melanie Huml an die Front.


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"Markus Söder muss umgehend dafür sorgen, dass das Handeln seiner Ministerinnen und Minister mit seinen wortgewaltigen Ankündigungen Schritt hält", sagte Ludwig Hartmann, Grünen-Fraktionschef im Landtag. "Sonst muss man an dieser Stelle festhalten: Söder kann Krise nicht." Parteikollegen sprachen von "Regierungsversagen" und Schlamperei. Der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Rinderspacherforderte Aufklärung. "Wie kann das passieren?", fragt er. "Ich bin fassungslos."

"Wo ist Söder? Peinlich"

Scharfe Töne kamen auch aus der Opposition auf Bundesebene. "900 positiv Corona-Getestete nicht zu informieren, ist Körperverletzung gegenüber denen, die diese anstecken", twitterte etwa Alexander Graf Lambsdorff, Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion. Er griff namentlich den bayerischen Ministerpräsidenten an. "Wo ist Söder? Sonst immer vorneweg, schickt er jetzt seine Gesundheitsministerin vor. Peinlich."

Auch in der Teststation am Nürnberger Hauptbahnhof wurden Abstriche genommen. Mit Details hält sich die Staatsregierung bislang aber zurück.  © Stefan Hippel

Auch aus Söders Heimatstadt Nürnberg kommt Gegenwind. "Statt leerer Worte und einer Wattwanderung werden jetzt von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder einmal mehr Taten gefordert", sagte etwa der FDP-Stadtrat Ümit Sormaz, der schnellere Ergebnisse fordert. Der Lokalpolitiker spricht sich zudem dafür aus, jedes Kind vor Schulstart auf Corona testen zu lassen. "Es darf durch Söders Versagen keine zweite Corona-Welle in Nürnberg geben!"

Spahn zurückhaltend: "Fehler passieren"

Am Donnerstag äußerte sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn - der aber übt sich in Zurückhaltung. "Ministerpräsident Markus Söder hat ja selbst gesagt, das sei sehr ärgerlich. Das ist ohne Zweifel so", sagte der CDU-Politiker im ZDF-Morgenmagazin. "Gleichzeitig ist es so, dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren." Entscheidend sei Transparenz und dass die Panne schnell behoben werde, so Spahn. "Und das macht die bayerische Staatsregierung."

Grundsätzlich, betonte Spahn, unterstütze er das Test-Konzept im Freistaat und sei "sehr dankbar" dass der Freistaat bereits Verantwortung übernehme. Seit Ende Juli können Reiserückkehrer an Verkehrsknotenpunkten wie Autobahnen, Bahnhöfen und Flughäfen kostenlos Rachenabstriche nehmen lassen. Die Stationen, etwa am Nürnberger Hauptbahnhof, wurden in kurzer Zeit vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und anderen ehrenamtlichen Organisationen aus dem Boden gestampft.

BRK wehrt sich gegen Vorwürfe

Statt digital mussten die Ehrenamtlichen die Daten händisch in eine Excel-Tabelle eingeben - die Menge der Tests habe das System überfordert, es kam zu Stillstand. Gesundheitsministerin Huml sprach von einer "Überbrückungsproblematik".

Noch am Mittwochabend wies das BRK die Verantwortung für den Fauxpas von sich. "Wir sind hier für den Freistaat eingesprungen, stecken den ganzen Tag in Vollschutz-Anzügen und schwitzen - und das ist nun der Dank", sagte Sprecher Sohrab Taheri-Sohi gegenüber nordbayern.de über Andeutungen der Staatsregierung, man habe "gemeinsam Fehler" gemacht. "Das ist ein absolutes Unding."