Geplatzter Gipfel mit Kim: Trump war von Anfang an naiv

25.5.2018, 10:22 Uhr

Vor einigen Wochen noch hatte Donald Trump den geplanten (und jetzt geplatzten) Gipfel mit Kim Jong Un als Geniestreich verkauft: Ihm werde gelingen, woran sich drei seiner Vorgänger im Oval Office, von Bill Clinton über George W. Bush bis hin zu Barack Obama, die Zähne ausgebissen hatten. Er, der selbsternannte Meister des Verhandlungspokers, wollte als derjenige US-Präsident in die Annalen eingehen, der das nordkoreanische Atomprogramm begraben würde. Durch Willensstärke und Geschick, schon bald dafür gewürdigt mit dem Friedensnobelpreis.

Als sich abzeichnete, dass die Realität nicht Schritt hielt mit den Vorschusslorbeeren, hat er kalte Füße bekommen. Mit anderen Worten, er ist auf dem harten Boden der Tatsachen gelandet. Um die Absage zu begründen, führte er die aggressive Rhetorik nordkoreanischer Politiker ins Feld, Wortmeldungen der letzten Tage, die "offene Feindschaft" erkennen ließen. Angesichts dessen sei es "nicht angemessen", am ursprünglichen Plan festzuhalten.

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Die Absage mit feindseliger Rhetorik der Gegenseite zu begründen, geht indes am Kern der Sache vorbei. Relevanter ist: Nachdem er die Erwartungen in schwindelerregende Höhen getrieben hatte, konnte sich Trump kein Treffen leisten, das nicht mit dem von ihm selber beschworenen Durchbruch enden würde. Der Optimismus, den er mit der ihm eigenen Großspurigkeit verbreitete, wirkt im Nachhinein so naiv, wie die Enttäuschung nach dem Schüren der Hoffnung umso krasser ausfällt.

 

Tatsächlich war nie zu übersehen, welch schluchtentiefer Graben zwischen den Interessen der Amerikaner und denen der Nordkoreaner klafft. Spricht Trump von der De-Nuklearisierung der koreanischen Halbinsel, meint er die Verschrottung sämtlicher Atomwaffen in den Arsenalen Pjöngjangs. Spricht Kim davon, meint er, dass die USA im Gegenzug den atomaren Schutzschirm für ihre ostasiatischen Verbündeten einklappen.

Politische Überlebensgarantie

Die Blütenträume sind nicht gereift, weil sich nichts geändert hat am Wesentlichen: Im Besitz von Kernwaffen sieht das nordkoreanische Regime eine politische Überlebensgarantie. Ihm das Schicksal eines Muammar al-Gaddafi vor Augen zu führen, wie Trumps forscher Sicherheitsberater John Bolton es tat, ließ an den sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen denken. Dass der Libyer sein Nuklearprogramm kassierte, nur um ein paar Jahre darauf Macht und Leben zu verlieren, dient einem Kim Jong Un ja gerade als Menetekel.