Gesichtserkennung: Clearview sammelte Milliarden Bilder in Datenbank

22.1.2020, 13:23 Uhr

Im vergangenen Jahr sei der Zugang dazu mehr als 600 Behörden als Service angeboten worden, schrieb die New York Times am Wochenende unter Berufung auf das Unternehmen namens Clearview.

Angaben dazu, welche Behörden das waren, macht Clearview nicht. Auf ihrer Website lässt die Firma allerdings auf die Aufklärung von Sexualverbrechen spezialisierte kanadische Ermittler lobend zu Wort kommen. Für die Datenbank seien öffentlich zugängliche Bilder bei Plattformen wie Facebook und YouTube oder dem US-Bezahlservice Venmo eingesaugt worden, hieß es. Eine Sammlung in dieser Dimension würde bisher bekanntgewordene Datenbanken zur Gesichtserkennung übertreffen.

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In den USA etwa prüfen die Behörden die Identität der Einreisenden per Gesichtserkennung – greifen dabei aber auf die Bilder zurück, die speziell dazu aufgenommen wurden. Die zuvor praktisch unbekannte Firma Clearview trat erst durch die Recherchen der New York Times an die Öffentlichkeit. Ein früherer Geldgeber war US-Milliardär Peter Thiel. Der Paypal-Mitgründer und Facebook-Investor ist für seine libertären Ansichten und als einer der wenigen erklärten Unterstützer von Präsident Donald Trump im Silicon Valley bekannt ist. Sein Sprecher sagte der Zeitung, Thiel habe Clearview im Jahr 2017 mit 200 000 Dollar unterstützt und dafür einen Anteil bekommen. Er sei ansonsten nicht beteiligt.

Google-Chef Sundar Pichai hat Regierungen aufgerufen, schnell Regeln für den Einsatz von Technologie zur Gesichtserkennung aufzustellen. Vielleicht sei dabei auch eine „Wartezeit“ notwendig, „bevor wir darüber nachdenken, wie sie genutzt wird“, sagte Pichai bei einem Auftritt in Brüssel. Auf jeden Fall müsse Gesichtserkennung zu den Technologien auf Basis künstlicher Intelligenz gehören, die mit Priorität reguliert werden, betonte er.

Überwachung im öffentlichen Raum

Pichai bekräftigte, dass Google seit Jahren bewusst darauf verzichte, die Fähigkeit zur Gesichtserkennung als Dienstleistung anzubieten - „weil uns bewusst wurde, dass es eine Technologie voller Risiken ist“. Der Cloud-Rivale Amazon vermarktet dagegen eine entsprechende Technologie mit dem Namen Rekognition, die Kunden wie Ermittlungsbehörden auf ihre Bilddatenbanken anlernen können. Außerdem haben etliche asiatische Hightech-Konzerne Gesichtserkennungsprodukte im Angebot.



Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, hat vor dem Einsatz von Technologien zur Gesichtserkennung im öffentlichen Raum gewarnt. Grundsätzlich stelle die biometrische Gesichtserkennung „einen potenziell sehr weitgehenden Grundrechtseingriff dar, der auf jeden Fall durch konkrete Vorschriften legitimiert sein müsste“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine solche Legitimation sehe er derzeit nicht. „Ich würde es begrüßen, wenn in Europa die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum untersagt würde.“