Der Elitäre: John Fitzgerald Kennedy
Warum ist Kennedy der Superstar unter den Präsident der USA? Warum gibt es keinen anderen unter seinen bislang 43 Kollegen, um den sich so viele Mythen und Legenden ranken? Es liegt an seinem Tod, dem erste medialen Tod in der US-Geschichte. Das Attentat auf "JFK" hat sich ins kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt, weil es (bewegte) Bilder davon gibt. Seine politischen Errungenschaften, sein Charisma, seine vermeintliche Jugendlichkeit, seine rhetorische Meisterschaft, sein Glamour - all das rückt noch viel heller in den Vordergrund, sobald jener kurze 8-mm-Farbfilm läuft, gedreht in Dallas, Texas, am 22. November 1963. Dass der Demokrat Kennedy, Spitzname "Jack", durch und durch ein Kalter Krieger war? Geschenkt. Dass es nicht er, sondern hauptsächlich Kreml-Chef Chruschtschow war, der für den friedlichen Ausgang der Kuba-Krise 1962 sorgte? Geschönt. Dass er die amerikanische Militärpräsenz in Vietnam intensiv ausbaute? Geheim. Und, dass er zwar mit 44 Jahren vergleichsweise jung war als er 1961 sein Amt antrat, aber unter unzähligen Altherren-Gebrechen litt? Getürkt. Kennedy betrachtete sich und sein Kabinett als absolute Elite des Landes, als die "Besten und Schlausten", die je Amerikas Geschicke lenken durften. Alles, was nicht in diese Legende passte (inklusive peinlicher Frauengeschichten), wurde unterdrückt. Und bis heute existiert nur ein verklärender, romantisierender Blick auf den 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ja, er war ein Reformer, ein Progressiver, ein Visionär, ein Berliner. Aber halt immer nur soweit, wie es sein knallhartes politisches Kalkül zuließ. Was gewesen wäre, wenn diese eine Kugel, die ihm den Schädel zerfetzte, nicht getroffen hätte - ob man dann einen nüchternen Blick auf seine Präsidentschaft werfen würde? Ob es den Vietnamkrieg dann nicht gegeben hätte? Ob er gar den Ost-West-Konflikt beendet hätte? Diese Fragen bleiben, wie seine Ermordung, unbeantwortet - und voller Ungereimtheiten.
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