Hans-Eckhard Sommer soll neuer Bamf-Leiter werden

17.6.2018, 14:15 Uhr

Das Bamf mit Hauptsitz in Nürnberg war massiv in die Kritik geraten, als bekannt wurde, dass ihre Bremer Außenstelle womöglich 1200 Menschen Asyl ohne die nötige Rechtsgrundlage gewährt hatte. © dpa, Montage

Kurz nach der Entlassung von Jutta Cordt als Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist ein Nachfolger gefunden: Das Amt soll der Leiter des Sachgebiets Ausländer- und Asylrecht im bayerischen Innenministerium, Hans-Eckhard Sommer, übernehmen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag aus Regierungskreisen. Zuvor hatte Focus online darüber berichtet.

Es dauerte gerade einmal eine Stunde, nachdem die ersten Medien über die neue Leitung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet hatten - und Hans-Eckard Sommer hatte einen eigenen Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia. Er ist gerade einmal drei Zeilen lang: Ein deutscher Jurist und Verwaltungsbeamter, geboren 1961, heißt es in dürren Worten, der bisher Leiter des Sachgebiets Ausländer- und Asylrecht im Bayerischen Innenministerium gewesen sei. Und jetzt soll Sommer laut Regierungskreisen neuer Bamf-Chef werden.

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Sommer der breiten Öffentlichkeit unbekannt

Bisher kennt man Sommer nicht in der breiten Öffentlichkeit. Er gilt unter Experten als "harter Hund", formulierte auch schon Empfehlungen, wie Abschiebungen besser durchgesetzt werden können. Im Bundesamt stößt die Personalie auf Zuspruch. Er habe den Ruf, integer und korrekt zu sein, heißt es dort. "Eine gute Personalentscheidung von Herrn Seehofer", kommentiert ein Mitarbeiter. Im Bamf ist der Name Hans-Eckard Sommer schon einmal im Zusammenhang mit der Leitung gefallen: Nach Informationen der Nürnberger Nachrichten wurde bereits im Spätsommer 2017 über eine Nachfolge der jetzt geschassten Jutta Cordt nachgedacht - sie habe schon damals kaum Freunde im Bundesinnenministerium (BMI) gehabt, sagen gut informierte Kreise.

Doch ihr Vorgänger an der Spitze des Bamf, Frank-Jürgen Weise, der bis Ende 2017 Beauftragter für Flüchtlingsmanagement der Bundesregierung war, habe seine schützende Hand über ihr halten können. Sommer wurde damals intern als ein Kandidat gehandelt. Es heißt, er sei - für den Fall, dass Joachim Herrmann Bundesinnenminister geworden wäre - sogar der Favorit für den Posten gewesen. 

Das Bundesinnenministerium hatte am Freitagabend überraschend darüber informiert, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) Cordt von ihren Aufgaben entbunden hat. Sie hatte das Amt erst Anfang 2017 übernommen. Das Bundesamt mit Hauptsitz in Nürnberg war massiv in die Kritik geraten, als bekannt wurde, dass ihre Bremer Außenstelle womöglich 1200 Menschen Asyl ohne die nötige Rechtsgrundlage gewährt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch Klagen über organisatorische Mängel häuften sich, etwa darüber, dass völlig unzureichend ausgebildete Mitarbeiter über das Schicksal von Flüchtlingen entscheiden würden.

Seehofer kündigte "tiefgreifende Reform an"

Auf Sommer warten damit große Herausforderungen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte bereits vor etwa anderthalb Wochen "eine tiefgreifende Reform" der Behörde angekündigt. Er bezog sich damals aber noch auf Organisation und Verfahren. Am Mittwoch hatte er nach Angaben des Ministeriums der Leitungsspitze des Bamf mitgeteilt, sie von ihren Aufgaben zu entbinden. Etliche Mitarbeiter der Behörden reagierten erleichtert über die Entscheidung. Der Vorsitzende des Bamf-Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, sagte dem Bayerischen Rundfunk am Wochenende, die Entscheidung sei zu erwarten, ein Neuanfang mit Cordt schwer möglich gewesen. Laut Spiegel soll auch der bisherige Vizepräsident der Behörde, Ralph Tiesler, ausgetauscht werden.

Bamf-Vizepräsidentin Uta Dauke hatte die Behörde schon zuvor verlassen. Sie habe einen neuen, gut dotierten Posten im Bundesinnenministerium übernommen, hieß es aus der Nürnberger Zentrale. Der Arbeitsvertrag von Rudolf Knorr, der den operativen Bereich des Bamf leitet, wurde hingegen bis Ende des Jahres verlängert. Knorr habe den Außenstellen strenge Vorgaben gemacht, wie viele Fälle sie in einer bestimmten Zeit zu bearbeiten hätten, hieß es aus dem Amt. Durch diesen Druck sei es zu Qualitätsmängeln und etlichen falschen Asyl-Bewilligungen gekommen.

Asylanträge zu bearbeiten wird Jahre dauern

2017 zog die große Mehrheit der abgelehnten Asylbewerber (91,3 Prozent), die vom Flüchtlingsbundesamt einen ablehnenden Bescheid erhalten hatten, vor Gericht. 40,8 Prozent der Verfahren endeten zugunsten der Kläger. Nach Angaben des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, haben sich bisher 350.000 bis 400.000 Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten angesammelt. "Diesen Berg abzuarbeiten wird noch Jahre dauern. Und wenn wir diese Fälle geklärt haben, werden die abgelehnten Asylbewerber mit Klagen auf Duldung und mit Asylfolgeverfahren wieder auf uns zukommen", sagte er der Welt am Sonntag.

Im Krisenjahr 2015 waren rund 890.000 Flüchtlinge weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist. Das verschärfte die Überforderung der Behörde. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise lag beim Bamf ein Berg von 1,4 Millionen Anträgen. Die heute 54-jährige Juristin Cordt löste Anfang 2017 den früheren Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise ab. Sie sollte helfen, den Berg an ausstehenden Asylentscheidungen weiter abzutragen.