Schnelle Gegenmaßnahmen sind gefragt

Kampf gegen hohe Energiepreise: Die Politik muss Gas geben

26.10.2021, 18:30 Uhr

Steigende Preise, sinkende Temperaturen: Die Energiekrise erfordert dringend Gegenmaßnahmen. © Patrick Pleul, NN

Wir kämpfen gegen eine Seuche und fürchten einen kalten Winter. Das klingt archaisch, ist aber brandaktuell und hochkompliziert. Denn in der globalisierten Welt hängt alles mit allem zusammen. Auch Corona und die Energiepreise. Doch die Pandemie ist nicht die einzige Ursache der Preissprünge, das macht das Gegensteuern so schwierig. Eine sinnvolle Maßnahme ist aber schon klar: Einkommensschwache Haushalte brauchen Entlastung.

Die in diesem Jahr in Deutschland eingeführte CO2-Bepreisung trifft vor allem jene hart, die sich kein klimafreundlicheres Leben leisten können. Sie wohnen in schlecht isolierten Häusern und müssen ihren alten Spritschlucker fahren, bis er zusammenbricht. Damit diese Menschen besser über die Runden kommen und weniger Energie verbrauchen, ist gezielte Unterstützung nötig.

Die wurde jedoch nicht durch die deutschen oder europäischen CO2-Preise ausgelöst. Der Energiehunger der Wirtschaft nach dem Lockdown sorgt überall für Engpässe. Die riesige Nachfrage trifft auf ein geringes Angebot und zudem auf ein Versäumnis der deutschen wie auch europäischen Energiepolitik: Nach dem vergangenen kalten Winter mit hohem Energieverbrauch wurden angesichts hoher Preise weniger Reserven als sonst angelegt, die Gasspeicher sind nur zu 70 Prozent gefüllt.

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Zur Vermeidung der nächsten Krise folgt hieraus die Pflicht zu mehr Vorplanung. Zudem muss der Energie-Binnenmarkt der EU rasch ausgebaut und entbürokratisiert werden. Brüssel plant Maßnahmen wie Steuersenkungen und Subventionen für kleine Unternehmen, über weiter Schritte wie eine Reform des Energiemarktes gehen die Meinungen der Mitglieder aber weit auseinander. Es ist zu hoffen, dass sich schnell die marktwirtschaftliche Linie von Ländern wie Deutschland durchsetzt. Immerhin muss man sich keinen Spott der Brexit-Briten anhören: Dort ist die Lage noch schlechter.

Putin könnte die Lage entschärfen

Wladimir Putin könnte die Lage auf dem europäischen Gasmarkt entschärfen, er hat aber andere Interessen. Russland hält zwar seine Verträge ein, könnte jedoch noch mehr Gas liefern. Auf diese Einnahmen verzichtet Putin aber vorerst und weist darauf hin, dass mit einer schnellen Betriebserlaubnis für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 sofort mehr Gas kommen könnte. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach von Erpressung, was erfrischend direkt ist, aber nicht unbedingt zielführend. Im weiteren Verlauf der Energiekrise dürfte es nicht schaden, mit Russland im Dialog zu bleiben - kritisch, aber auch konstruktiv.

Um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, müssen die Erneuerbaren Energien zügig weiter ausgebaut werden. Denn das Vorkommen der alten Energieträger ist begrenzt, sie werden zwangsläufig immer knapper - und schon allein dadurch bestimmt nicht billiger.