35.300 Fachkräfte fehlen

Kitas "kurz vor einem Kollaps" - kann die "Mini-Kita" Abhilfe schaffen?

30.11.2022, 12:25 Uhr

"Wir brauchen mehr Investitionen im Kita-Bereich, vor allen Dingen mehr Personal.", so Anette Stein, Director der Bertelsmann Stiftung. © Symbolfoto: Georg Wendt/dpa

In den Städten besteht ein Mangel an Räumen, auf dem Land ist zwar Platz, dafür rechnen sich die Einrichtungen nicht. Beides läuft aufs Gleiche hinaus: Es mangelt an Betreuungs-Plätzen - und zwar nicht zu knapp. Aus diesem Grund erwägt Bayern nun "Mini-Kitas" als Ausweg für den Betreuungsengpass.

384.000 Kita-Plätze fehlen

Seit 2013 haben Kinder in Deutschland nach Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung. Diesem gesetzlich verankerten Anspruch kann der Staat jedoch häufig nicht gerecht werden. Rund 384.000 Kita-Plätze werden 2023 bundesweit fehlen, 62.000 alleine in Bayern. Das prognostizieren die Autoren einer Studie der Bertelsmann-Stiftung.

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Kitas stehen "kurz vor einem Kollaps"

"In den letzten Jahren hat es einen deutlichen Ausbau gegeben. Wir haben inzwischen fast doppelt so viele Fachkräfte in den Kitas.", erklärt Anette Stein, Director der Bertelsmann Stiftung. "Trotzdem stehen die Kitas jetzt kurz vor einem Kollaps." Die Personalnot sei einfach zu groß. Im Freistaat müssten nach Informationen des BR im kommenden Jahr 35.300 Fachkräfte eingestellt werden, um eine flächendeckende kindgerechte Betreuung gewährleisten zu können. Das entspricht 1,5 Milliarden Euro Personalkosten - jährlich. Um die gewaltigen Versorgungslücken bei der Kinderbetreuung in Stadt und Land zu schließen, setzt man in Bayern nun auf so genannte "Mini-Kitas".

Maximal zwölf Kinder

Wie die SZ berichtet, tun sich bei einer "Mini-Kita" mindestens zwei Tagesbetreuungspersonen zusammen, suchen geeignete Räume und betreuen Kinder von neun Monaten bis 14 Jahren. Der Unterschied zu einer klassischen Kindertageseinrichtung besteht laut dem Bayerischen Staatsministerium darin, dass in der "Mini-Kita" maximal zwölf Kinder gleichzeitig betreut werden. Zudem kann auch eine Kindertagespflegeperson mit Zusatzqualifikation als Ergänzungskraft eingesetzt und in den Anstellungsschlüssel eingerechnet werden.

Vorteile der "Mini-Kita"

Die kleineren Einrichtungen sollen überschaubarer und individueller sein und besitzen, insbesondere in Ballungsräumen, einen klaren Vorteil bei der Flexibilität des Standorts, denn: Wer eine Mini-Kita eröffnet, muss nicht ganz so viele Anforderungen erfüllen, vor allem können die Räume kleiner sein, heißt es in der SZ. Eigene Spielflächen draußen seien nicht nötig. Auch bei Bedarfsspitzen,, also wenn kurzzeitig viele Kinder einen Betreuungsplatz benötigten, bieten sich "Mini-Kitas" an.

Die meisten Träger der "Mini-Kitas" waren bislang Eltern-Initiativen oder private Betriebe. Zwar sei die "Mini-Kita" gesetzlich schon im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz definiert, es müsse nun jedoch geklärt werden, wie sich Mini-Kitas staatlich unterstützen lassen, führt Hans-Jürgen Dunkl, Leiter des Referats Kindertagesbetreuung gegenüber der Augsburger Allgemeinen aus.

Personallücke muss dringend geschlossen werden

In Summe reiche das aber alles noch nicht aus, konstatiert Anette Stein. Kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen seien dringend nötig. Fachkräften müsse von der Politik vermittelt werden, dass es eine Strategie gibt, die Perspektiven aufzeigt und das Arbeitsfeld attraktiver gestalte. "Gesetzlich verankerte Stufenpläne wären jetzt der richtige Schritt." Aktuell müsse Politik und Praxis unter Einbindung der Eltern definieren, worauf im Augenblick verzichtet werden kann, ohne das Recht auf Bildung und gutes Aufwachsen zu verletzen. "Wir brauchen mehr Investitionen im Kita-Bereich, vor allen Dingen mehr Personal.", so Stein. Das bestätigt auch Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes: "Das Personal ist durch viele zusätzliche Aufgaben hoch ausgelastet. Wir benötigen neues Personal, weswegen das Berufsbild des Kita-Personals attraktiver werden muss“ Denkbar wäre demnach das Einstellen von Hauswirtschafts- und Verwaltungskräften, die den pädagogischen Fachkräften Arbeit abnähmen, sodass diese sich mehr auf ihre Kernaufgabe konzentrieren könnten: Die Kinderbetreuung.