Neue Kriminalstatistik: 5000 mehr Verurteilte - nur wenige im Gefängnis

20.11.2020, 12:57 Uhr

Ein Angeklagter versteckt sich in einem Gerichtssaal vor den Kameras der Presse. © Rolf Vennenbernd

Mit einer Geldstrafe kamen 90.409 Angeklagte davon. In 12.039 Fällen wurde eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die verbleibende Differenz ergibt sich aus Verurteilungen in Jugendstrafverfahren. Immerhin 41,2 Prozent der Verurteilten hatten keinen deutschen Pass (Vorjahr: 39,6 Prozent). Dabei sind die nur von Ausländern zu begehenden Delikte im Bereich des Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitenrechts nicht mitgerechnet.


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Die sechs wichtigsten Herkunftsländer der Übeltäter sind Rumänien, Türkei, Polen, Bulgarien, Syrien und Kroatien. Nur 17,6 Prozent der Verurteilten waren weiblich. Jugendliche (14 bis 17 Jahre) stellten 4,3 Prozent, Heranwachsende 7,8 Prozent der Abgeurteilten, wobei die Zahl der Jugendlichen gegenüber 2018 um fünf Prozent abnahm und die der Heranwachsenden um 1,4 Prozent anstieg.

"Wachstumsbranchen"

Am meisten hatten die Strafrichter mit Verkehrsstraftaten zu tun, die 24,5 Prozent aller Verfahren verursachten. Nach einem jahrelangen Rückgang der Fälle von Trunkenheit im Verkehr stiegen diese jetzt um 7,8 Prozent gegenüber 2018 an. Nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 mehren sich die Fälle verbotener Kraftfahrzeugrennen, die vor den Gerichten landen. 2019 wurden im Freistaat deshalb 55 Personen verurteilt (plus 37,5 Prozent). Zugenommen haben auch tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte. Die Zahl der wegen dieser Delikte Verurteilten stieg um 80,9 Prozent auf 1.275.



25 Personen wurden verurteilt, weil sie Helfer der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder der Rettungsdienste angegriffen haben (2018: Neun). Seit einer Ende 2016 in Kraft getretenen Gesetzesverschärfung steigt auch die Zahl der wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Verurteilten an. 2019 wurden in Bayern deshalb 1.557 Personen verurteilt, zehn Prozent mehr als 2018. Um 22,7 Prozent auf 308 stiegen die Zahlen der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilten Personen an. Einen deutlichen Zuwachs von 25,2 Prozent gibt es auch bei den Verurteilungen wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften (von 298 auf 373).

Von 60 auf 103 im Vorjahr kletterte die Zahl verurteilter Stalker, darunter 91 Männer. Wegen der Möglichkeiten des Internets fast verdoppelt haben sich die Verurteilungen wegen Volksverhetzungen (von 130 auf 259). Um 4,6 Prozent auf 9.928 gesunken ist dagegen die Zahl der Verurteilten wegen vorsätzlicher Körperverletzungsdelikte und beim versuchten Mord hat sich die Zahl der Verteilten auf 16 halbiert. 2019 wurden in Bayern 20 Menschen wegen vollendeten Mordes verurteilt (Vorjahr: 17).

Warum es sich in Bayern sicher lebt

Aus der wachsenden Zahl von Verurteilungen schließt Justizminister Eisenreich, dass es sich "in Bayern sicher lebt", weil der "Verfolgungsdruck" hoch sei. Der CSU-Politiker hat weitere Strafschärfungen im Sinn. So setze sich Bayern zusammen mit Nordrhein-Westfalen für einen höheren Strafrahmen bei Trunkenheitsfahrten mit Todesfolge ein*. Angesichts des "unangemessen niedrigen Strafrahmens bei Trunkenheitsfahrten mit Todesfolge besteht Handlungsbedarf", so der Minister.

Der Strafrechtsgesetzgeber müsse außerdem die Betreiber von Kinderpornographie-Ringen stärker ins Visier nehmen, sagte Eisenreich: "Wer einen Marktplatz für Pädokriminelle betreibt, gehört für mindestens drei Jahre hinter Gitter. Zu niedrig ist dem bayerischen Justizminister auch die Strafandrohung für Stalker. Außerdem setzt sich Eisenreich für eine Reform des in Teil 150 Jahre alten Beleidigungsstrafrechts ein, um dem heutigen Treiben in der digitalen Welt besser beizukommen.