Seehofer und Söder: "So feiern Eisbären miteinander"

19.1.2017, 08:15 Uhr

Zwei, die sich nichts schenken: Zu Markus Söders 50. Geburtstag hatte Horst Seehofer (links) nur ein vergiftetes Lob für Söders Ehefrau Karin dabei. (Archivbild) © dpa

Doch, sie können freundlich zueinander sein. Er danke ihm für seine Leistungen für Bayern und die CSU, sagt Horst Seehofer. "Und dieser Dank kommt wirklich von Herzen." "Ein herzliches Dankeschön auch an dich, Horst", sagt Markus Söder, "für viel Vertrauen, immer wieder."

Wie man das so macht, wenn der eine seinen 50. Geburtstag im Kloster Banz nachfeiert und der andere eine Rede auf ihn halten soll. Doch Seehofer wäre nicht er selbst und Söder nicht Söder, brächten sie nicht ein paar Spitzen unter. Seehofer, so beschreiben es einige aus der Fraktion, habe sich demonstrativ im hintersten Teil des Festsaales herumgedrückt, vor und nach seiner kurzen Rede.

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Politisch daheim

Und Söder hat ganz bewusst die Fraktion gelobt; "sie ist und bleibt", hat er gesagt, "meine politische Heimat." Es ist seine gefühlt hundertste Absage an Berlin. Söder will nicht in die Bundeshauptstadt wechseln, auch dann nicht, wenn er dafür den Parteivorsitz bekäme. Schon vor Wochen hatte Seehofer wissen lassen, er denke darüber nach, ob er Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt trennen solle und dass der CSU-Chef nach Berlin gehöre, ins Bundeskabinett.

Bis Mai will er entscheiden, wer am Besten geeignet ist und die Bundestagsliste anführen soll. Aktueller Favorit bei den Kaffeesatzlesern: Innenminister Joachim Herrmann, der dazu seit Wochen lächelnd schweigt und das wohl noch ein paar Wochen weiter so halten wird.

Im Hintergrund schwelt ein Machtkampf, den sie in der CSU für gefährlich halten. Dass Seehofer den Nürnberger Söder als Nachfolger verhindern will, gilt als ausgemacht. Die Motivlage deuten sie intern unterschiedlich aus. Die einen glauben, beide seien sich in ihren Wesenszügen zu ähnlich. Seehofer wisse, wie weit zu gehen Söder bereit sei. Er selbst ist in der Wahl der Mittel nur selten zimperlich.

Die anderen vermuten, Seehofer halte Söder für einen skrupellosen Populisten, der die Partei nicht nach vorne, sondern in den Abgrund führen werde. Eine dritte, wachsende Gruppe vermutet, Seehofer wolle schlicht noch nicht aufhören, sondern über 2018 hinaus weiter regieren — und müsse deshalb seinen schärfsten Konkurrenten in Schach halten.

Eisbären im Kühlschrank

Was auch immer der Beweggrund ist: Beide Lager beäugen einander mit stetig wachsendem Misstrauen. Und so kommt jeder Bemerkung ein besonderes Gewicht zu, kämpfen Söder- wie Seehofer-Anhänger um deren Deutungshoheit. Das ist auch an diesem Abend in Banz nicht anders, von dem ein altgedienter Abgeordneter später sagen wird, er werde "diese Geburtstagsfeier nicht vergessen. So feiern Eisbären miteinander. Eisbären im Kühlschrank."

Es ist besonders ein Satz Seehofers, der für Wallung sorgt. "Ich möchte vor allem Ihnen danken", hat er sich an Söders Ehefrau Karin gewandt. "Ich bilde mir ein, dass ich den Markus besonders gut kenne — und deshalb haben Sie heute eine besondere Anerkennung verdient."

Ein Scherz, den etliche für daneben halten. "So etwas kann ich machen, wenn ich mit jemandem sehr, sehr gut befreundet bin", sagt ein Kabinettsmitglied. Was Söder und Seehofer erwiesenermaßen nicht sind. Dass Seehofer nun auch Söders Frau einbezieht, finden sie im Söder-Lager unmöglich. Es sei ein unfaires Spiel, wenn er auf sie ziele, in Wahrheit aber Söder treffen wolle. Im Seehofer-Lager finden sie es eher kindisch, dass sich die im anderen Lager darüber aufregen.

Gezielte Demütigung

Dabei treibt der nie offiziell erklärte Kampf der beiden Alphatiere ohnehin skurrile Blüten: Als Söder am Wochenende auf Nachfrage erklärte, der Bund solle seinen Haushaltsüberschuss via Steuersenkungen an die Steuerzahler zurückgeben, ließ Seehofer das Kabinett am Montag das Gegenteil beschließen. Söder war nicht vorgewarnt; das Votum erwischte ihn kalt. Eine gezielte Demütigung des Finanzministers. Und eine Machtdemonstration des Ministerpräsidenten. Er verweist Söder in die Schranken und lässt ihn wissen, dass bundespolitisch nur einer das Wort führt: Seehofer selbst.

Söder muss zurückziehen und beteuern, er stehe weiter hinterm Steuerreformkonzept der Union, und dass es letztlich auf ein halbes Jahr hin oder her nicht ankomme. Die Defensive ist für Söder ein ungewohntes Feld. Zeit seines politischen Lebens war er auf Angriff gepolt. Spätestens seit der Feier in Banz weiß er, dass Seehofer mit den härtesten Bandagen kämpfen und ihm nichts schenken wird. Nicht einmal zu seinem 50. Geburtstag. Er habe kein Geschenk dabei, hat ihn Seehofer auf seiner eigenen Feier wissen lassen. Söder hat die Botschaft verstanden. Mit versteckten Fouls kennt auch er sich aus.