Bundestagswahl

Urteile zur Doppelbesteuerung: Die Rente ist ein Reparaturfall

31.5.2021, 15:43 Uhr

Ohne politischen Elan und erkennbare Mehrheiten in Bevölkerung und Parlamenten bleibt die Rente ein Reparaturfall. © imago images/Bernhard Classen, NNZ

So viel ist sicher: Gegen die Alten lässt sich in Deutschland keine Politik machen. Bei der Bundestagswahl 2021 werden fast 40 Prozent der Wahlberechtigten über 60 Jahre alt sein.

Das heißt freilich nicht, dass es sich bei den Millionen Rentnerinnen und Rentnern auch nur in größerer Zahl um Egoisten handelt, die sich bloß für die eigenen Altersbezüge interessieren. Im Gegenteil: Vielen liegt am Herzen, dass die gesetzliche Rentenversicherung auch noch ihren Kindern und Enkeln Absicherung bietet.

Vermintes Terrain

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Gleichwohl lässt sich angesichts der schieren Zahl der Ruheständler und der Schwerpunkte der Parteien, die auf anderen Themen als der Rente liegen, ziemlich sicher voraussagen: Eine zukünftige Bundesregierung wird ihr bei der Wahl erworbenes politisches Kapital wohl kaum für einen großen Wurf bei der Rente einsetzen. An Vorschlägen dafür mangelt es zwar nicht - sie reichen von der (überfälligen) Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen bis zur (mit Blick auf die steigende Lebenserwartung folgerichtigen) Anhebung des Renteneintrittsalters. Doch das Terrain ist noch verminter als das Feld der Klimapolitik.

Gleichzeitig fällt die Möglichkeit aus, die gesetzliche Rentenversicherung mittels Milliardengeschenken ein wenig angenehmer zu gestalten; eine Möglichkeit, von der gerade die Große Koalition regen Gebrauch gemacht hat. Doch die Erträge der goldenen Jahre des Aufschwungs sind nach einem Jahr Corona-Krisenbekämpfung aufgebraucht.

Der frühere Wirtschaftsweise Bert Rürup hat aus dieser Gemengelage den Schluss abgeleitet, eine künftige Regierung solle sich auf das "Machbare" konzentrieren. In einem Beitrag für das Handelsblatt fordert der Ökonom konkret, eine "klare rentenpolitische Fehlentscheidung und eine überhastete Entscheidung zu korrigieren".

Zum einen stört sich Rürup an der Garantie, die sicherstellt, dass Ruheständler zwar stets von steigenden Löhnen profitieren, bei sinkenden Löhnen aber keine Einbußen hinnehmen müssen (und somit auch in Coronazeiten fein raus sind). Zum anderen fordert er Nachbesserungen an der Grundrente, die wenig "zielgenau" sei. Oder anders formuliert: nicht immer bei denen ankommt, die sie wirklich brauchen. Tatsächlich führt der von der SPD durchgepaukte Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung dazu, dass auch Gutsituierte von dem Instrument profitieren, das eigentlich Altersarmut verhindern soll.

Auch die im Zuge der Münchner Urteil angekündigte Überarbeitung der Rentenbesteuerung, die sicherstellen soll, dass es tatsächlich in keinem Fall zu einer Doppelbesteuerung kommt, gehört in diese Kategorie des Machbaren. All dies anzugehen, wäre immerhin ein Anfang.

Für sich allein wird es das System der gesetzlichen Rentenversicherung freilich nicht zukunftsfest machen. Ohne politischen Elan und erkennbare Mehrheiten in Bevölkerung und Parlamenten bleibt die Rente damit ein Reparaturfall - ähnlich einem in die Jahre gekommenen Wagen, von dem man sich aber aus einer gewissen Bequemlichkeit und der Scheu vor den Kosten einer Neuanschaffung nicht verabschieden will - obwohl man weiß, dass es längst überfällig ist.