Wahl in Frankreich: Noch einmal gutgegangen?

8.5.2017, 05:58 Uhr

Mit Emmanuel Macron zieht ein junger Hoffnungsträger in den Élysée-Palast ein, der keiner extremen Partei angehört, aber auch keiner etablierten und damit weder Chaos noch ein unbefriedigendes "Weiter so" verspricht.

Er steht für ein Ende der schematischen Konfrontation von Linken und Rechten, die einander aus Prinzip gegenseitig blockieren. Die großen Volksparteien erhielten die Rechnung dafür, als sie den Einzug in die Stichwahl verpassten. Ihr Schiffbruch belegt die Sehnsucht nach Neuanfang – aber der künftige Präsident braucht auch die Unterstützung aus der Bevölkerung, um ihn umzusetzen. Ob er sie erhalten wird?

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Macron hat eine pro-europäische Kampagne mit optimistischem Grundton geführt, die ihn als fordernden, aber dialogbereiten Partner für die Nachbarn auswies. Er will Blockaden in der französischen Gesellschaft und Wirtschaft lösen und anders regieren als seine Vorgänger: Mit einem starken Premierminister, einem kleineren Kabinett, das nicht nur aus Berufspolitikern besteht, und einer noch jungen Partei, die sich möglichen Koalitionspartnern nicht verschließt.

Kaum noch Vertrauen

Der Ausgang der Parlamentswahlen im Juni wird entscheidend für seine Handlungsfähigkeit. Auch eine "Moralisierung" der Politik und ein Ende undurchsichtiger Praktiken fordert Macron, nachdem der Verdacht auf Scheinbeschäftigung und Korruption gegen den republikanischen Bewerber François Fillon das ohnehin geringe Vertrauen der Franzosen in ihre Politiker fast endgültig zerstörten.

Der 39-Jährige geht als Sieger aus einem Wahlkampf hervor, der in einem aggressiven Klima stattfand, von Beleidigungen und Skandalen geprägt war. Der eigentliche Härtetest steht erst noch bevor. Nicht nur muss er in dieser feindseligen Atmosphäre auch jene überzeugen, die Misstrauen, wenn nicht gar offenen Hass gegen ihn als Vertreter einer fernen Elite ausdrücken, die ihm ihre Stimme nicht gegeben haben oder nur, um Marine Le Pen zu verhindern.

Auch geht es darum, die Gründe ihrer Anhänger zu verstehen und zu bekämpfen, die sich in den exzessiven Schimpftiraden der Rechtspopulistin wiederfinden und ihre Versprechen der Abschottung gutheißen. Meist handelt es sich um Menschen, die den sozialen Abstieg fürchten oder erlebt haben und sich eine autoritäre Macht wünschen, die alles irgendwie in Ordnung bringt.

Denn trotz Macrons Triumph muss Le Pens hoher Stimmanteil alarmieren. Nie war der Front National so stark wie heute. Er hat sich wie eine normale Partei etabliert – ohne eine zu sein: Le Pen blieb in einer reflexhaften Protest- und Kritikhaltung, auf umsetzbare Vorschläge verzichtete sie.

Schamlos Lügen gestreut

Schamlos streuten sie und ihre Anhänger Lügen und Falschmeldungen, um dem Gegner zu schaden – so unvorbereitet sie selbst für eine Machtübernahme war. Le Pens Vorgehen ist symptomatisch für eine öffentliche Debatte, in der keine Beleidigung zu grob, keine Manipulation zu dreist ist, in der man nichts Gemeinsames mehr sucht, sondern nur Konfrontation.

Sie wird ihr großes Störpotenzial für einen sachlichen Austausch bewahren und alles tun, um Macron die nächsten fünf Jahre seiner Amtszeit dermaßen zu verderben, dass sie an ihrem Ende stärker dastehen könnte denn je. Die Herausforderungen für ihn sind daher enorm: Der junge Präsident muss nicht nur Frankreichs Wirtschaft stärken, die Sicherheit garantieren, Reformen durchführen, Ungerechtigkeiten bekämpfen.

Wichtig ist auch, dem Land und den Menschen wieder Optimismus und Vertrauen zu geben, nicht einer Schwarzmalerin Le Pen das Feld zu überlassen. Im Wahlkampf hat Macron es versucht, aber nur einen Teil der Menschen erreicht. Nun ist er Präsident aller.