Gewichtheber Michael Schrott

820 Kilo! Fränkischer Kraftdreikämpfer will den Weltrekord

2.3.2021, 13:15 Uhr

Wenn es aus der Garage von Michael Schrott dröhnt und scheppert, dann ist es nicht sein Auto, an dem er werkelt. Denn das Fahrzeug parkt der neunmalige Weltmeister im Kraftdreikampf schon seit Monaten auf der Straße und hat dafür auch wochenlanges morgendliches Scheibenfreikratzen in Kauf genommen.


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Das überdachte Quartier seines Gefährts in Veitsbronn hat Schrott selbst bezogen – zumindest für seine drei wöchentlichen Trainingseinheiten. Denn seit der Vereinssport aufgrund der Corona-Beschränkungen wieder verboten ist – der gebürtige Fürther trainiert normalerweise im Kraftraum des TSV Alternberg – hat sich der 125-Kilo-Mann in seiner Garage eingerichtet.

Langhantel, wettkampfgerechte Halterung und gut 400 Kilogramm an Gewichten finden dort auf etwa 15 Quadratmetern Fläche ihren Platz. Doch was spartanisch klingt, ist laut dem erfahrenen Gewichtheber ausreichend, um auch in Krisenzeiten im weltweiten Vergleich mitmischen zu können. "Ich bin schon länger so ausgestattet. Früher habe ich viel Schicht gearbeitet. Vormittags, wenn ich dann frei hatte, hatte der Kraftraum meines Vereins noch geschlossen. Um trotzdem mein Training durchziehen zu können, hab ich mir das Equipment nach Hause geholt", erzählt Schrott.

Tatsächlich hätten sich seine Trainingsmöglichkeiten durch die Pandemie nur geringfügig verschlechtert. Dass er zuletzt in den kalten Monaten 45 Minuten vor jeder Einheit den Heizlüfter einschalten musste, um nicht mit den Händen an der Eisenstange festzufrieren, betrachtet er nicht als Hindernis. Eigentlich habe er sich daran schon gut gewöhnt. Die wärmeren Temperaturen jetzt würden eher wieder eine Umstellung nötig machen.

Aus den Boxen dröhnt Rammstein

Doch wie motiviert man sich in einer fensterlosen Garage zwischen Heizlüfter und Umzugskartons zu ernsthaften sportlichen Leistungen? "Ich mache den Kraftsport schon so lange. Das ist einfach mein Ding, an Motivation mangelt es mir nicht", erzählt der Kraftdreikämpfer. Die richtige Atmosphäre schafft er sich in der Garage mit lauter Rockmusik, am liebsten von der Band Rammstein. "Da drehe ich richtig auf. Meine Nachbarn kennen mich schon und haben Verständnis dafür, wenn es laut wird."

Doch trotz passabler Übungsbedingungen haben weder Schrott noch die Mitglieder seiner Altenberger Trainingsgruppe im vergangenen Jahr an Wettkämpfen teilgenommen. Die meisten Veranstaltungen wurden abgesagt, dazu kam die unsichere Lage. Zwar hat der Gewichtheberverband WPC im Oktober in Chicago, USA, wie geplant die Weltmeisterschaft veranstaltet.

Aufgrund der Corona-Einreisebestimmungen konnten aber fast nur US-Amerikaner teilnehmen. Somit hatte der fränkische Champion gar keine Chance, seinen Titel von 2019 zu verteidigen. Damals hatte er bei der WM in Finnland beim Kniebeugen, Kreuzheben und Bankdrücken eine Gesamtlast von 800 Kilogramm bewegt – mit jeweils nur einem Versuch pro Disziplin wohlgemerkt.



Diese Marke will Schrott bei der WM 2022 auf etwa 820 Kilogramm hochtreiben. Dann wird er 50 Jahre alt sein und damit ganz frisch in einer höheren Altersklasse. "Da will ich dann den Weltrekord in dieser Altersklasse knacken", sagt er, ohne dass man daran Zweifel haben könnte. Ob es schon bei der diesjährigen Weltmeisterschaft mit seinem zehnten Titel klappt? Im Oktober soll der Wettbewerb in Polen steigen.

Dem Schalke-Fan fehlt der Stammtisch

Die Vorbereitung dazu würde im August beginnen. Bis dahin hofft Schrott auch aus anderen Gründen auf eine Verbesserung der Gesamtsituation. Dem fränkischen Schalke-Fan fehlen vor allem die Fahrten ins Gelsenkirchener Stadion und die regelmäßigen Stammtische mit seinen Sportkameraden.

Die sind übrigens nicht nur Kraftsportler, sondern auch solche mit etwas weniger Last auf den Schultern. Denn der Kraftdreikämpfer ist begeisterter Wanderer und geht zwischen seinen Wettkampfphasen mit den Wanderfreunden Veitsbronn gerne auf mehrtägige Touren.

Ursprünglich wollte er sich im Januar 2021 einen Traum erfüllen: den knapp 6000 Meter hohen Kilimandscharo im afrikanischen Tansania erklimmen. Doch die Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. "So eine Besteigung braucht sehr viel Vorbereitung. Unter anderem müsste ich dafür wahrscheinlich 25 bis 30 Kilo weniger wiegen", erklärt Schrott.

Nun ist dieser Traum auf 2023 verschoben. Vorher stehen erst einmal der zehnte WM-Triumph und der Weltrekord auf seinem Zettel.