Auch in Höchstadt ist für Vitalij Aab kein Ende in Sicht

6.11.2020, 11:28 Uhr

Auch Corona hält Vitalij Aab nicht davon ab, weiter Eishockey zu spielen. © Thomas Hahn

Bei der Frage nach einem Interviewtermin hört man Vitalij Aab seufzen. „Die Woche ist schon ziemlich voll”, sagt er. Es findet sich aber doch eine kleine Lücke in seinem engen Zeitplan zwischen Familie, Arbeit und Sport – an einem Montag. Es ist der einzige Tag, an dem die Eishockey-Spieler des Höchstadter EC in der Regel frei haben. Jeden Freitag und Sonntag wird gespielt – in dieser von Corona geprägten Saison, die heute beginnt, sogar noch dienstags. Unter der Woche wird zweimal trainiert, am Samstag ist oft noch Nachbesprechung. Für Spieler in der Oberliga, der dritthöchsten Spielklasse Deutschlands, ist ihr Sport, was den Zeitaufwand angeht, weit mehr als eine Nebenbeschäftigung.

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Zumindest in dieser Beziehung hat sich für Vitalij Aab gar nicht so viel geändert im Vergleich zu seiner Zeit als Vollprofi. 635 Spiele in der DEL hat er gemacht, über 200 davon für die Nürnberg Ice Tigers. Dort erlebte er wohl die beste Zeit seiner Karriere – der damalige Bundestrainer Hans Zach nominierte ihn 19 Mal für das deutsche Nationalteam.

Der Wechsel war ein Umbruch

Das war in der Zeit zwischen 2001 und 2004, inzwischen ist er 40 Jahre alt. Der Wechsel im Jahr 2017 nach Höchstadt, das damals noch in der Bayernliga spielte, markierte einen Umbruch in Aabs Leben. Wenn er jetzt nicht auf dem Eis steht, baut er Prothesen. Bei einem Sponsor des Vereins in Erlangen hat er eine Umschulung zum Orthopädietechniker gemacht, ging wieder zur Schule – und spielte weiter Eishockey.

In der ersten Reihe beim HEC stehen mittlerweile andere Spieler, die beiden tschechischen Angreifer Milan Kostourek und Martin Kokes zum Beispiel oder Domantas Cypas, Verteidiger und litauischer Nationalspieler. Die Erwartungen an Aab in Höchstadt sind aber immer noch hoch. Die jungen Spieler, die ihm teilweise noch als Fans der Ice Tigers zugejubelt haben, schauen zu ihm auf. Aab spürt den Druck, und er spürt auch seinen Körper. „Ich werde älter und älter. Früh aufstehen, neun Stunden auf der Arbeit, dann Training. Das merkt man schon.” Trotzdem war er in der vergangenen Spielzeit der erfolgreichste Torschütze des HEC. „Man weiß, Vitalij ist da. Auch wenn man denkt, es gibt keine Möglichkeit – irgendwo, im letzten Eck, sieht man ihn stehen und kann ihn anspielen“, schwärmt zum Beispiel der 22 Jahre alte Felix Ribarik.

"Ohne Zuschauer ist es langweilig"

Und der HEC dürfte auch in dieser Saison von Aabs Erfahrung profitieren. Ziel ist es, in einer Saison voller Ungewissheit in der Oberliga zu bleiben. Das muss der Verein nicht nur sportlich schaffen. Bis zu 1000 Zuschauer kommen normalerweise gerade bei Playoff-Spielen in das enge Höchstadter Eisstadion. Die Hitzigkeit, die manchmal hochkocht, macht den Reiz der Atmosphäre aus. All das wird nun nicht nur Vitalij Aab fehlen. „Wir spielen für die Zuschauer, ohne sie ist es langweilig”, sagt er. Die Oberliga-Vereine, die auf die Zuschauer-Einnahmen angewiesen sind, hoffen nun auf die Digitalisierung – über einen Streamingdienst sollen alle Partien kostenpflichtig im Internet übertragen werden.

Daran gedacht, unter diesen Bedingungen aufzuhören, hat Aab nicht: „Der Verein plant ja mit mir.” Wie es nach der Saison weitergeht, wird er sich überlegen. Eishockey wird aber nicht aus seinem Leben verschwinden. Aabs kleiner Sohn spielt beim EHC 80 Nürnberg, er selbst würde gerne mal Jugendtrainer werden. „Und vielleicht finde ich ja ein paar alte Herren, mit denen ich spielen kann”, sagt er. Noch ist es aber nicht so weit.