Ballettschule kämpft für Öffnung und wird belohnt

3.6.2021, 06:00 Uhr

Die Ballettschule Nadja Lachner in Aktion: Das Foto zeigt einen Auftritt im Gemeinschaftshaus Langwasser vor einigen Jahren.   © Rurik Schnackig, NN

Die Verzweiflung ist Nadja Lachner anzuhören. "Es ist wirklich hart, wenn man etwas über Jahrzehnte aufgebaut hat und jetzt mit ansehen muss, wie alles zusammenfällt", sagt sie. 2001 hat sie in einer Ballettschule am Hauptmarkt als Trainerin angefangen, ein paar Jahre später hat sie diese auch übernommen. Seit vielen Jahren unterrichtet sie dort Kinder, aber auch Erwachsene, der Beruf ist für sie auch Berufung, etwas, das sie mit viel Leidenschaft macht, nicht nur, um Geld zu verdienen.

"Herzblut, Disziplin und Liebe"

"Ballettlehrerin ist man nicht, weil man da gerade zufällig einen guten Job gefunden hat", so Lachner. Vielmehr arbeite man "seit der Kindheit darauf hin mit viel Disziplin, mit Herzblut, mit Verzicht und mit Liebe." Jahrelang hat sie mit viel Freude gearbeitet, weil sie anderen Menschen etwas beibringen konnte. "Jeden Tag, den ich in der Ballettschule bin, genieße ich, es erfüllt mich", sagt Lachner. "Ich freue mich, wenn ich meine Schüler sehe, den Zusammenhalt untereinander und wenn sie Fortschritte machen."

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Doch seit knapp einem Jahr sind die Tage, an denen sie mit ihren Schülerinnen arbeiten konnte, rar geworden. Im ersten Lockdown musste sie die Räumlichkeiten drei Monate zusperren, inzwischen ist die Ballettschule seit knapp sieben Monaten geschlossen. Während über Frisöre, Biergärten, Theater oder Fitnessstudios gesprochen wurde, über Perspektiven, Hygienekonzepte und Öffnungen, fühlte sich Nadja Lachner: vergessen.

So viele Fragen

Sie hat sich informiert und viele E-Mails geschrieben, unter anderem an das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und an das Nürnberger Ordnungsamt. Doch die Antwort, die sie auf ihre vielen Fragen erhielt, war stets die selbe: Die Ballettschule bleibt zu. Während Fitnessstudios öffnen dürfen und das Leben in die Vereine zurückkehrt, darf sie keinen Unterricht geben.

Die Fragen in Nadja Lachners Kopf wurden immer mehr. "Warum dürfen geimpfte Personen gemeinsam am Biergartentisch sitzen, aber ich darf keinen Unterricht für vollständig geimpfte Personen anbieten?", fragt sie. "Diese Willkür finde ich einfach unerträglich." Also wendet sie sich an die Redaktion - in der Hoffnung, dass sich mit öffentlichem Druck etwas ändert.

Sie erzählt von der Solidarität ihrer Schüler und der Eltern, von gezahlten Beiträgen ohne Gegenwert. "Ohne sie wäre es längst zu Ende mit der Ballettschule", so Lachner. Doch mit der Zeit brechen immer mehr Leute weg, die Umsätze brechen so immer stärker ein. "Der Schaden, den die Ballettschule nimmt, wird sich über Jahre hinziehen", glaubt sie.

Enorm viele Anfragen ans Amt

Als die Redaktion sich bei der Stadt nach Lachners Fall erkundigt, nimmt sich Philipp Bornschlegl des Themas an. Der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamts verspricht, sich schnell um das Anliegen zu kümmern. "Durch den zunehmenden Wegfall von Beschränkungen erreichen uns enorm viele Anfragen zu Hygienekonzepten", sagt er. Die Bearbeitung kann also auch einige Tage dauern.

Diesmal geht es schneller. Einen Tag später meldet er sich mit einer erfreulichen Antwort. Für das Amt ist Ballett ebenfalls Sport und darf im Rahmen der aktuellen Regelungen einem mit negativem Test angeboten werden. Als Nadja Lachner davon erfährt, ist sie überglücklich. Derzeit ist sie ein paar Tage im Urlaub, am Montag aber wird das Leben zurückkehren in ihre Ballettschule am Hauptmarkt. Nach sieben langen und harten Monaten.

Ein paar Tage nach Nadja Lachner wendet sich auch Hanns Prechtl an die Redaktion. Er versucht seit Wochen, von der Stadt eine Genehmigung für einen ähnlichen filigranen Sport zu bekommen: das Fechten. Prechtls Fechtclub trainiert normalerweise in der Halle der Bismarckschule, in den vergangenen Monaten sind sie aber oft in den Marienbergpark ausgewichen, um an der frischen Luft üben zu können.

Keine Zusatznutzung von Schulhöfen

Prechtl würde sich, seinen Trainern und den Fechtern gerne die Fahrerei ersparen und will deshalb im Schulhof der Bismarckschule trainieren. Dreimal pro Woche eine Stunde für jeweils fünf Kinder - doch das darf er nicht. Der Stadtrat hat schon vor längerem beschlossen, dass "keine Zusatznutzungen auf Schulhöfen genehmigt werden", erklärt Michael Kaiser, persönlicher Mitarbeiter von Schulreferentin Cornelia Trinkl. Nach Prechtls Anträgen sei das Thema mehrmals in die Referentenrunde der Stadtspitze eingebracht worden - doch das Ergebnis fiel immer gleich aus: keine Genehmigung.

Die Sportler des Fechtclubs dürfen nicht im Hof der Bismarckschule trainieren.   © Roland Fengler, ARC

Der Schulhof sei als "Spielehof" konzipiert, auf dem auch am Nachmittag noch Kinder toben dürfen. Eine Nutzung als Trainingsfläche, noch dazu mit Waffen, sei nicht möglich. "Ich verstehe die Not der Vereine, wir haben immer ein offenes Ohr", sagt Kaiser. Die Stadt hätte vieles möglich gemacht - und wird es auch in Zukunft tun. Doch im aktuellen Fall sei der Stadtratsbeschluss bindend. So bitter das auch ist für Hanns Prechtl und seine Fechter.