"Bereit für einen Neuanfang": FCN-Stürmer Ishak im Interview

12.4.2020, 05:56 Uhr

Düstere Aussichten? Nicht für Mikael Ishak. Nürnbergs Stürmer lässt sich von seinem Glauben leiten. © Sportfoto Zink / Daniel Marr

NZ: Herr Ishak, wie geht es Ihnen?

Ishak: Es geht mir gut. Es ist schön, jetzt auch wieder einen Ball zu berühren. Das fühlt sich gut an. Training zu Hause hat nicht so viel Spaß gemacht. Es ist extrem hart, wenn man nicht an der frischen Luft laufen kann. Aber ich habe die Situation akzeptiert und es auch verstanden, dass wir zu Hause bleiben mussten.

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NZ: Sie haben für einen Fußballprofi ungewöhnlich viel Zeit mit Ihrer Frau und Ihrem dreijährigen Sohn verbringen können...

Ishak: Er hat erst gar nicht verstanden, warum sein Papa so oft zu Hause ist. Die ersten drei, vier Tage hat er mich auch nicht in Ruhe gelassen, er wollte immer bei mir sein. Und auch wenn es anstrengend war, war es wunderschön.

NZ: Und haben Sie Ihr Trainingsprogramm auch immer durchgezogen?

Ishak: Ich habe alles zu tausend Prozent gemacht. Ich hätte mich sonst nur selbst bestraft. Wir hatten jetzt im Freien schon wieder ein paar Einheiten und die waren hart, die hätte ich sonst auch nicht geschafft.

Kein Verständnis für die Heimat

NZ: Inzwischen wird in Vierergruppen, aber unter enormen Einschränkungen trainiert.

Ishak: Es ist ein Schritt nach vorne, aber ja, wir müssen Distanz halten. Zweikämpfe sind nicht möglich. Wir freuen uns, wenigstens wieder mit dem Ball trainieren zu können.

NZ: Glauben Sie, dass die Saison zu Ende gespielt wird?

Ishak: Ich weiß es nicht. Ich hoffe es. Aber nur, wenn es kein Risiko für die älteren Leute gibt. Wenn wir nur einen Menschen damit retten, wenn wir erst später wieder Fußball spielen, dann sollten wir das machen. Ein Menschenleben bedeutet viel mehr, als Sport und Fußball. Aber ich denke, diese Menschen, die das entscheiden, sind schlau genug. Darauf müssen und sollten wir vertrauen.

NZ: In Stockholm, wo sie geboren wurden und lange gelebt haben, entscheiden "diese Leute" ganz anders. Es gibt kaum Einschränkungen im öffentlichen Leben...

Ishak: Meine Eltern und meine drei Brüder leben noch dort. Ich finde es nicht so gut, dass alles so locker gehandhabt wird. Ich lese aber nicht so viel Zeitung und weiß auch nicht genau, warum sie das so machen. Ich war sehr überrascht. Und verstehen kann ich es, ehrlich gesagt, nicht.

Wenn der Verein Hilfe braucht...

NZ: Beim Club haben die Spieler mit einem Gehaltsverzicht auf die Corona-Krise und deren Auswirkungen reagiert. Auf wie viel verzichten Sie denn und waren Sie sich da schnell einig?

Ishak: Wir haben das intern besprochen, und es war schnell klar, dass wir dem Verein helfen wollen. Wie viel Prozent es genau sind, darüber rede ich nicht in der Öffentlichkeit.

NZ: Obwohl Ihre eigene sportliche Zukunft ungewiss ist, sie auch an Ihre Familie denken müssen, haben Sie nicht gezögert?

Ishak: Nein. Ich habe nur noch drei Monate Vertrag und weiß auch nicht, was danach kommt. Aber wenn der Verein Hilfe braucht, muss ich nicht zweimal darüber nachdenken.

NZ: Im Winter hatten Sie als Dauerreservist auch eine Entscheidung zu treffen, blieben dann trotz Angeboten aus Paderborn und Dresden beim Club. Warum?

Ishak: Die Angebote liegen noch in meinem E-Mail-Ordner. Dass eines von einem Bundesligisten dabei war, hat mich extrem stolz gemacht. Aber ich hatte nicht das richtige Bauchgefühl und mich auch deshalb dafür entschieden, zu bleiben und weiterzukämpfen. Im Sommer ist das Wechselfenster viel größer, auch wenn jetzt wegen Corona keiner weiß, wie es genau weitergeht.

NZ: In Nürnberg geht es für Sie aber sicher nicht weiter?

Ishak: Nein, ich bin jetzt dann dreieinhalb Jahre hier. Ich fühle mich bereit für einen Neuanfang. Ich war immer glücklich, beim Club zu spielen, auch wenn die letzten Monate nicht mehr so schön waren.

NZ: Sollte die Saison abgebrochen werden, hätten Sie ihr letztes Spiel am zwölften Spieltag in Bochum (1:3) gemacht. Obwohl die Mannschaft auch danach nur selten überzeugte, bekamen Sie keine Chance mehr. Sie haben das öffentlich klaglos respektiert. Sind Sie innerlich nicht am Verzweifeln?

Ishak: Ich will immer spielen und Tore machen, aber ich bin kein Typ der meckert und Unruhe stiftet. Aber klar, ich war und bin enttäuscht. Es wäre einfacher für mich zu verstehen gewesen, wenn die Mannschaft erfolgreich gewesen wäre. Aber ich muss die Entscheidung des Trainers akzeptieren. Die Mannschaft ist wichtiger als Mikael Ishak. Ich bin ein Teamplayer, ich kämpfe weiter.

NZ: Trainer Jens Keller hatte Ihre Nichtberücksichtigung auch mit Ihren Wechselgedanken erklärt. Eine Ausrede?

Ishak: Nein, das ist keine Ausrede. Mein Berater hat ja mit ein paar Vereinen geredet. Aber ich bin bis zum 30. Juni immer noch ein Spieler des 1. FC Nürnberg.

NZ: Wobei noch nicht ganz klar ist, ob die Saison wie gewohnt offiziell am 30. Juni endet oder die Verträge womöglich analog zu den Spielzeiten ausgedehnt werden könnten...

Ishak: Es ist eine komische Situation. Niemand weiß etwas, aber wenn es so kommt, dann bleibe ich noch ein paar Extra-Monate, um die Saison zu Ende zu spielen. Das Transferfenster würde dann ja auch angepasst werden.

Mit 27 schon alles erlebt

NZ: Machen Sie sich unter den derzeitigen Umständen Sorgen um Ihre Existenz?

Ishak: Das ist kein Thema für mich. Ich lege mein Leben in Gottes Hand. Ich lese auch sehr oft in der Bibel und darauf vertraue ich. Es wird gut sein. Und wenn nicht, spiele ich dort, wo Gott mich hinführt.

NZ: Sie haben als Spieler schon einmal ein außergewöhnliche Erfahrung gemacht als ihr damaliger Stammverein FC Parma, der Sie vom 1. FC Köln verpflichtet und ein Jahr beim italienischen Zweitligisten FC Crotone geparkt hatte, plötzlich Konkurs anmelden musste...

Ishak: Das war ein langes Hin und Her. Am Ende waren alle Spieler ablösefrei, und ich habe mich für einen Schritt zurück entschieden.

NZ: Sie sind nach Dänemark und haben zweieinhalb Jahre beim Randers FC gespielt und 35 Tore erzielt.

Ishak: Und danach bin ich nach Nürnberg gekommen. Ich kenne solche Situationen. Ich habe auch schon in vielen Ländern gespielt, deshalb bin ich eigentlich auch auf alles vorbereitet. Auch ob ich spiele oder nicht spiele, auf der Tribüne oder Bank sitze – ich habe alles erlebt.

NZ: Und Sie sind erst 27 Jahre alt. Machen Sie jetzt zunächst wieder einen Schritt zurück?

Ishak: Ich will wieder spielen, Tore schießen und Spiele gewinnen. Und das versuche ich, in Europa und auf höchstem Niveau zu erreichen. Man wird sehen, welche Optionen sich mir bieten werden.

Glaubensgemeinde mit Valentini und Löwen

NZ: Sie haben zum Aufstieg 2018 zwölf Tore, allein drei gegen Duisburg, beigetragen und in der Bundesliga vier Treffer erzielt. Was wird besonders in Erinnerung bleiben aus Ihrer Zeit in Nürnberg?

Ishak: Die absolute Nummer eins für mich ist, dass ich hier zum Glauben an Jesus gefunden habe. Ich bin mit Enrico Valentini und Eduard Löwen in einer Gemeinde, in der wir Gottes Wort lesen und über Gottes Wort reden. Da hat sich das für mich entwickelt. An Nummer zwei steht, dass mein Sohn hier geboren wurde. Und an Nummer drei das Spiel in Sandhausen, als wir aufgestiegen sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals so viel geheult habe nach einem Fußballspiel.

NZ: Beten Sie auch für ein interessantes Angebot?

Ishak: Ich bete, dass ich gesund bin, ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch habe. Ich sehe das nicht als selbstverständlich an. Aber dass ich, weil ich bete, jetzt dann in Barcelona spiele, so funktioniert das nicht.