Erlanger Sportvereine fürchten Austrittswelle

11.2.2021, 06:02 Uhr

Mit jeder Woche, die der Lockdown dauert, werden die Sorgen bei den Sportvereinen in Erlangen und im Landkreis größer. Und das, obwohl ihnen bislang eine große Mehrheit der Mitglieder die Treue gehalten hat. "Wenn wir keine Öffnungsperspektiven für nach Ostern oder Pfingsten geben können, wird der Akku der Solidarität aber irgendwann aufgebraucht sein", fürchtet Matthias Thurek, Vorsitzender des Erlanger Sportverbandes und Präsident des Turnerbundes. Komme es dazu nicht, werde man eine Austrittswelle erleben.

Zumal die Fluktuation in einer Studentenstadt bekanntlich hoch ist und die Eintritte fehlen, wenn Sportvereine keinen Sport anbieten können. Der TV 48 Erlangen hat vergangenes Jahr 522 Mitglieder verloren, das ist ein Rückgang um 7,7 Prozent. "Wenn das erste halbe Jahr 2021 keine Eintritte kommen – und jede andere Prognose ist unseriös –, dann werden wir in diesem Jahr wieder mindestens 500 Mitglieder verlieren", sagt Geschäftsführer Jörg Bergner.

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Sorgen um die wirtschaftliche Situation

Der Verein hätte dann in der Krise 1000 Mitglieder verloren. "Um das wieder reinzuholen, müssten wir die nächsten Jahre Sonderkonditionen anbieten. Und das würde uns in den kommenden Jahren wirtschaftlich massiv schaden."

Auch außerhalb der Großstadt ist die Krise spürbar: Die Herzogenauracher Turnerschaft hat 2020 fünf Prozent an Mitgliedern verloren. "Die Ursache dafür ist definitiv Corona. Das heißt aber auch, 95 Prozent halten uns die Treue", sagt Gerd Ankermann, Mitglied im Vorstand. "Was mir Sorge macht, ist die wirtschaftliche Situation. Auch bei uns sind viele Mitglieder in Kurzarbeit", erzählt er. Der Vorstand hat beschlossen, Mitgliedsbeiträge stunden zu können.

Vereine können Mitgliedsbeiträge nicht erlassen

Was Sportvereinen dagegen nicht möglich ist: Die grundsätzlichen Mitgliedsbeiträge zu erlassen – obwohl sich das einige offenbar wünschen. "Schon jetzt haben wir verstärkt Anfragen, dass wir Mitgliedsbeiträge zurückerstatten sollen. Das dürfen wir gar nicht, sonst droht der Verlust der Gemeinnützigkeit", erklärt Thurek. Mitgliedsbeiträge dienten nicht nur dazu, ein Sportangebot aufrecht zu erhalten, sondern zum Beispiel auch der Pflege der Anlagen. Und die müssen instand gehalten werden, als würde der Betrieb laufen.

"Wir brauchen jedes Mitglied"

Der Deutsche Alpenverein, Sektion Erlangen, hat etwa erst im Dezember sein Kletterzentrum Bergwelt fertig gestellt, das nun aber ruht. "Dadurch fehlen uns erheblich Einnahmen. Wir brauchen jedes Mitglied – und wollen für die Treue auch zurückgeben, was möglich ist", sagt Schatzmeister Werner Frembs.

Ein Appell, dem sich nicht nur andere Sportvereine wie die SpVgg oder der BSC, sondern auch die Erlanger Stadtspitze anschließt. "Wenn die Mitglieder nicht ihren Vereinen treu bleiben, passiert Schlimmeres. Wir wissen nicht, was mit Vereinen passieren würde, wenn wir Massenaustritte erleben müssen", sagt Jörg Volleth (CSU), Bürgermeister und Referent für Sport.

Nachdem im Herbst der vermeintliche "Lockdown light" verhängt wurde und alle Bemühungen um Hygiene-Konzepte umsonst waren, lösen sich die Vereine langsam auch aus der Schockstarre – und werden wieder kreativ. Einige bieten wie berichtet kostenlose, öffentliche Online-Videokurse an. "Es ist ein wichtiges Mittel, um die Mitglieder bei der Stange zu halten", sagt Bergner.

Kreativ aus der Krise

Und auch für die Zeit nach dem Lockdown gibt es bereits ausgereifte Pläne. Die Herzogenauracher Turnerschaft plant eine "Restart 2021"-Aktion, um die Menschen wieder zurück zur Bewegung zu bringen. Beim TV denkt man darüber nach, wie man Sport im Freien wetterunabhängig realisieren kann. Der TV versucht Sportflächen mit Segeltüchern als einem Sonnen- und Regenschutz zu versehen, andere Vereine könnten sich anschließen. "Wir hoffen, dass die Stadt uns da auch moralisch unterstützt und es kein ewig langer Genehmigungsprozess wird", sagt der TV-Geschäftsführer.

Die ersten Signale aus der Verwaltung sind positiv. "Das ist eine dauerhafte Maßnahme, um den Sportbetrieb im Sommer auch angesichts von Klima-Veränderungen durchführbar zu machen", sagt Sportamtsleiter Ulrich Klement. "Wir werden unser Möglichstes tun, dass wir es in die Sportförderung reinbekommen", verspricht Volleth.

Das Konzept liegt in der Schublade

Trotzdem hoffen die Vereine, dass der Lockdown für den Sport bald ein Ende findet. Eines, das Planung erlaubt allerdings. "Kleingruppen mit vier Leuten bringen uns nicht weiter. Das schürt mehr Frust und Unmut als dass es nutzt", sagt Thurek. "Für uns wäre es sehr wichtig, dass man außen mit Corona-Konzept klettern kann. Natürlich liegt das auch schon in der Schublade", sagt Schatzmeister Frembs vom DAV. Dann würden auch die Sorgen um die Mitglieder endlich weniger.