Freiwilliges Soziales Jahr

Impfzentrum statt Hockey: Soziales Jahr beim Kleeblatt

5.3.2021, 09:23 Uhr

Ich hab’ schon den Anspruch an mich, was Sinnvolles mit meiner Zeit anzufangen." Dieser Satz beschreibt ganz gut, warum Lasse Rühl nach seinem Abitur nicht die Füße hochgelegt hat, sondern ein Freiwilliges Soziales Jahr startete – es folgten die bisher wohl aufregendsten sechs Monate seines Lebens.


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In einer Zeit, in der die Welt Kopf steht, mag das nicht verwundern, doch der 19-jährige Zirndorfer hat sich bewusst dafür entschieden, mehr zu tun, als es die meisten in seinem Alter tun würden.

Seit Ende August hilft der leidenschaftliche Hockeyspieler bei seinem Verein, der Spielvereinigung Greuther Fürth, in der Hockeyabteilung tatkräftig mit. Doch das ist nicht alles. Weil wegen des Lockdowns kein Training mehr möglich ist, hat sich der 19-Jährige nach einer Zeitungsanzeige beim Impfzentrum Fürth gemeldet. Dort trägt er nun seit Mitte Januar im Rahmen seines Freiwilligen Sozialen Jahres dazu bei, dass auch die Kleeblattstadt die Pandemie schneller in den Griff bekommt.

Eigentlich wollte der Zirndorfer nach seinem Abitur einfach ein ganzes Jahr zur Orientierung nutzen. Dass es nun ein solch besonderes wird, war eigentlich nicht geplant: "Mir war schon vor dem Abitur klar, dass ich mich erst mal orientieren möchte. Da lag es nahe, ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Kleeblatt zu machen."

Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Dort ist er bereits der Dritte in diesem Programm seit 2017. Um einen FSJler zu bekommen, muss ein Verein bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehört unter anderem, dass die Freiwilligen gemeinnützige Arbeit verrichten, der Verein sie entsprechend betreut und mindestens die Hälfte der Zeit Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beinhaltet.

Beim Kleeblatt heißt das konkret: die Erstellung von Trainingsplänen, Projekt- und Integrationsarbeit, kleinere Verwaltungstätigkeiten und natürlich das Training mit den Kinder- und Jugendmannschaften.

Genau das Richtige für Lasse Rühl, denn Feuer und Flamme für den Trainerjob ist der Flügelspieler, der in der ersten Mannschaft des Kleeblatts spielt, schon länger: "Beim Sommercamp in der zehnten Klasse habe ich das erste Mal Schüler trainiert. Das hat richtig Laune gemacht, mit den Kindern zu trainieren. Das wollte ich wieder machen."



Umso leichter fiel da die Wahl beim Freiwilligen Sozialen Jahr, denn einleben musste sich der 19-Jährige nicht mehr, Anlaufschwierigkeiten gab es keine, auch nicht bei den Nachwuchsteams: "Klar muss man sich bei den Älteren die Autorität eher erarbeiten als bei den Jüngeren, aber dann ist es sogar lockerer, weil man auf derselben Ebene ist."

Verbesserung der Rhetorik

Dennoch sei das nicht automatisch ein Vorteil, denn: "Man muss auch den Grat zwischen Strenge und Lockerheit finden." Große Bestätigung fühlt Rühl, wenn die jüngeren Jahrgänge begeistert nach dem Training sind, schließlich kriegt man von Kindern ein ehrliches, ungetrübtes Urteil. "Man kann hier auch viel über Rhetorik lernen und seine Ansprache als Trainer verbessern. Es gibt Spieler, die völlig unterschiedlich reagieren, je nachdem ob man sie lobt oder kritisiert, selbst wenn der Inhalt derselbe ist."

Doch mit dem zweiten Lockdown war dann jegliches Training passé, die Sportvereine zogen sich in einen gezwungenen Winterschlaf zurück. Für Lasse Rühl war die Zwangspause nichts. "Spätestens um Weihnachten herum war einfach nichts mehr los, und ich habe den Drang gespürt, wieder mehr machen zu wollen. Nach der Anzeige habe ich mich beim Impfzentrum gemeldet und arbeite seitdem dreimal in der Woche dort", berichtet der Abiturient.

"Klar ist das kein normaler Job und hat einen außergewöhnlichen Touch", sagt er schmunzelnd. Dennoch sei es ihm wichtig, die Arbeit nicht als Erlebnis zu sehen: "Es fühlt sich schon besonders dort an und man wird auch im Freundeskreis immer wieder darauf angesprochen. Aber mir geht es einerseits darum, etwas Gutes zu tun, und andererseits hilft das einem in Sachen Organisation auch enorm weiter."

Es fühlt sich an wie Arbeit

Zwar sei die Umstellung auf die Arbeit im Impfzentrum für jemanden, der noch das Schulleben gewohnt war, enorm gewesen, doch mittlerweile hat Rühl sich ans Arbeitsleben gewöhnt.

Die Stimmung im Impfzentrum jedenfalls sei gut, er fühle sich wohl dort. Zu seinen Aufgaben gehöre unter anderem die Koordination und Absprache mit Arztpraxen, damit jeder, der einen Termin hat, auch ordentlich seine Impfung bekommt. Zudem hilft er bei der Anmeldung mit. Für den Zirndorfer hat sich das Freiwillige Soziale Jahr bislang ausgezahlt: "Mir macht das Megaspaß, ich hab mich sportlich verbessert und jede Menge außerhalb des Sports dazugelernt." Und mittlerweile weiß er auch, was er in Zukunft machen möchte: Medizin studieren.