Säule in der Defensive: Kulda macht die Ice Tigers besser

19.1.2021, 05:57 Uhr

Rumms: Arturs Kulda versteht sich darauf, seine Gegner "durch die Bande zu checken" (Cheftrainer Frank Fischöder). © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Arturs Kulda hatte eigentlich keine Chance, einer der besten Eishockeyspieler in der Geschichte seines Landes zu werden. Als sein Vater für ihn entschied, dass er Eishockey spielen sollte, war er zu alt. Lettland aber war im Fieber, die junge Nationalmannschaft hatte sich wieder in die A-Gruppe der Weltmeisterschaft emporgearbeitet. Jahrzehntelang waren die besten Spieler des Landes vereinnahmt. Balderis und Irbe waren trotzdem Helden, nach dem Ende der Besetzung war es Zeit für neue. Dass Lettland 2000 bei der WM in Finnland mit dabei, war eine weitere verspätete Befreiung.

In Helsinki war auch Kuldas Vater als Fan mit dabei, zu Hause nahm der neun Jahre alte Arturs da Angebot eines Schnuppertrainings an und wurde ein Eishockeyspieler. Dass er später nach Nordamerika wechseln würde, erschien trotzdem denkbar unwahrscheinlich. In Lettland gab es für sein Alter nur zwei Mannschaften. "Meine Eltern hatten es nicht leicht – mich zu einem guten Menschen zu erziehen und mich zu einem Eishockeyspieler zu machen." Kulda steht zwischen Kabine und Eisfläche, als er das sagt. Und dann grinst er. Offenbar haben seine Eltern es geschafft, ihn zu einem Menschen mit Humor und zu einem ordentlichen Eishockeyspieler zu erziehen.

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Bodnarchuk wirkt wie befreit

Wie ordentlich, das hat man erstmals in voller Ausprägung gegen Mannheim gesehen. Die Ice Tigers verloren 2:3, waren den auf dem Papier in jeglicher Hinsicht überlegenen Adlern aber ebenbürtig. Kulda hatte daran seinen Anteil mit solider Abwehrarbeit. In 395 KHL-, 308 AHL-, 33 WM- und 15 NHL-Spielen hat der 32-Jährige gelernt, wie man unaufgeregt und konsequent verteidigt. Dazwischen beweist Kulda, dass er die Kunst beherrscht, Gegner im offenen Eis zu checken, ohne dass der Schiedsrichter einen Grund hat, den Arm zu heben. Vier Spiele für die Ice Tigers hat er seiner Vita mittlerweile hinzufügt, zwei davon haben die Ice Tigers gewonnen, nur in Straubing ist die Mannschaft weit hinter ihren Möglichkeiten geblieben. Die Verteidigung war aber auch beim 2:3 nicht das Problem.

Vermisst die Zuschauer in den Arenen: Arturs Kulda. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Insgeheim und unabhängig vom weiterhin ernüchternden Tabellenbild haben die Ice Tigers eine Stärke entwickelt, die so nicht unbedingt vorherzusehen war. Tim Bender und Oliver Mebus galten als verlässliche Abwehrspieler, Niklas Treutle wird stets zu den besten Torhütern der DEL gezählt. Bender aber organisiert das Spiel inzwischen beeindruckend souverän, David Trinkberger (24) und Julius Karrer (20) deuten an, dass sie auf Jahre in dieser Liga spielen werden. Und Andrew Bodnarchuk meint auch nicht mehr, die Verantwortung für alles übernehmen zu müssen, seit mit Kulda ein ähnlich erfahrener Verteidiger auf dem Eis steht.

Ein unvergesslicher Sonntag im September

Kulda ist trotzdem nicht glücklich. Er sagt, dass er seine Karriere auf Empfehlung von Scouts und Experten in Deutschland fortsetzt, weil nirgendwo die Atmosphäre in Eishallen besser sein soll. Dabei sollte er das selbst am besten beurteilen können. Spätestens seit der WM 2001 weiß man auch in Nürnberg, dass die lautesten und fröhlichsten Eishockey-Fans aus Lettland kommen. Kulda war da gerade einmal elf Jahre alt. 2016 war er dann selbst einer der Hauptdarsteller einer nationalen Sporttragödie. Im September empfing seine Nationalmannschaft Deutschland in Riga. Es ging um die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Südkorea. Die Stimmung in der Arena war elektrisierend. Bis Tom Kühnhackl zum 3:2 traf, Deutschlands größten Eishockey-Erfolg erst möglich machte und mehr als 10.000 lettische Fans mit einem Schuss ausschaltete.

Kulda stand mit auf dem Eis. Obwohl er eigentlich keine Chance hatte.