Volltreffer! Als Golke dem Kasper die Lichter ausknipste

2.3.2021, 17:25 Uhr

Rheinstadion, 6. Dezember 1991. Besondere Vorkommnisse: "Da hab’ ich den Schiri abgeschossen", antwortet André Golke prompt, als wir vor einiger Zeit die Erinnerung an das Duell der beiden Traditionsvereine bei ihm wachrufen. Beim Erstliga-Besuch des FCN in Düsseldorf sind 49 Minuten absolviert, als Hans-Jürgen Kasper - der Referee der damaligen Partie - K.o. geht.

Der Mann, der den Unparteiischen am Nikolaustag auf den "knüppelharten Boden" schickt, liefert die dazu passende Szene schlagfertig hinterher: "Das war eine komische Situation. Es war ein Freistoß aus der eigenen Hälfte. Ich habe den Ball schnell hingelegt und gesehen, dass Eckes vorne startet. Der Schiri ist quer gelaufen und hat den Ball voll an die Seite bekommen."

Für Kasper, der an der Schläfe getroffen zusammenklappt und anschließend auf dem mit Reif überzogenen Feld behandelt werden muss, geht's nicht mehr weiter. Linienrichter Gerhard Dix übernimmt und pfeift nach siebzehnminütiger Unterbrechung wieder an. Assistiert wird er von einem neuen Fähnchenschwenker. Düsseldorfs Stadionsprecher hatte nach einem solchen zuvor erfolgreich gefahndet.

"Es war arschkalt"

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Die Wartezeit bis dahin gestaltete sich für Golke und seine Kollegen unangenehm: "Es war arschkalt", erinnert sich Nürnbergs damalige Mittelfeldkraft. Nach der erneuten Spielfreigabe dauert es vielleicht auch deshalb so lange, bis der Club wieder auf Betriebstemperatur kommt. Mehr noch! Christian Schreier egalisiert vier Minuten nach Wiederbeginn die Gästeführung, die Sergio Zarate kurz vor Ende des ersten Durchgangs hergestellt hatte.

Schmerzhaft waren die Auseinandersetzungen zwischen Nürnberg und Düsseldorf für den ein oder anderen auch davor bereits gewesen. Und vor 1963 - der Etablierung der Bundesliga - auch titelträchtig. Im Juni 1936 macht Karl Gußner im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft den Unterschied. Der Angreifer, der sich im ersten Durchgang den Finger gebrochen hat, jagt 25 Sekunden vor Ende der Verlängerung das Leder nach einem energischen Antritt ins Netz. Auch im August 1962 gibt eine entschlossene Aktion den Ausschlag: Tasso Wild profitiert in der 93. Minute des DFB-Pokal-Finales von einem Aussetzer von Manfred Krafft, der die Kugel in Tornähe vertändelt, und bugsiert sie spielentscheidend über die Linie.

"Da wäre nicht mal mein Sohn umgefallen"

Im Oktober 1966 stellen Heinz Strehl, Tasso Wild und Doppeltorschütze Franz Brungs den ersten von nachfolgend zwölf Club-Siegen in Deutschlands Eliteklasse sicher (4:2). Beim 2:2 in der Rückrunde kam es zu dem, was viele fränkisch-rheinischen Duelle prägen sollte: Turbulenzen. An einem denkwürdigen Märztag 1967 dauert es keine 60 Sekunden, bis Schorsch Volkert Nürnberg in Düsseldorf in Führung bringt. Nachdem Strehl kurz darauf durch einen Heber den Altbierstädtern das zweite Gegentor eingeschenkt hat, scheint die Vorentscheidung gefallen.

Doch dann stößt Roland Wabra auf einmal Waldemar Gerhardt von hinten um. Der FCN-Schlussmann kritisiert im Nachgang die mangelnde Standfestigkeit seines Kontrahenten: "Da wäre nicht einmal mein Sohn umgefallen", wagte er einen Vergleich mit dem damals noch nicht schulpflichtigem Filius. Schiedsrichter Edgar Deuschel zeigt sich von derlei Kommentaren jedoch unbeeindruckt. Beide Akteure, der Nürnberger und ohne ersichtlichen Grund auch der Fortune, fliegen mit Rot vom Platz - ohne den jetzt aufkeimenden Tumult vermeiden zu können. Hunderte von Zuschauern stürmen das Feld, Ordner und Polizeihunde haben große Mühe, einen Spielabbruch zu verhindern.

Doch zurück zu 1991 und Golke, der in Hamburg-Finkenwerder lange Zeit die Allianz-Versicherung vertreten hat und in der Hafencity - im Vorzeigeprojekt Sports-Dome - eine Fußballschule eröffnen wollte, wie er uns damals erzählte. Auch wenn Düsseldorf im Rheinstadion nach der "unglücklichen Szene" und dem 1:1 noch einmal "richtig Dampf macht": Erneute Knockouter-Qualitäten zeigt der Club, der nach exakt einer Stunde durch Dieter Eckstein den Siegtreffer markiert.