Warum die Nürnberg Ice Tigers dem Videobeweis danken

21.2.2021, 13:38 Uhr

Erlösender Jubel: Brett Pollock (Mitte) gratuliert Chris Brown (links), dass er seinen Pass zum wichtigen 3:2-Siegtreffer gegen Straubing veredelt hat. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Der Kölner Keller befindet sich in Nürnberg gleich neben der Eisfläche. Und weil in dem kleinen Schiedsrichterraum nachvollziehbar richtig entschieden worden war, war der Videobeweis am Freitagabend nach einem selten guten, aber bemerkenswerten Eishockeyspiel natürlich ein Thema; anders als im Fußball aber kein grundsätzliches.

Was war passiert? Die Nürnberg Ice Tigers lagen 0:2 gegen die Straubing Tigers zurück, selbstverschuldet und verdient, als Brett Pollock am langen Pfosten von Eric Cornel freigespielt wurde. Seinen Schuss schien Torhüter Sebastian Vogl aber spektakulär mit dem Schoner auf der richtigen Seite am Pfosten vorbeigelenkt zu haben. Pollock aber hatte gesehen, dass der Puck zuvor in vollem Umfang die Torlinie überquert haben musste. Weil die Schiedsrichter das Spiel aber unbeeindruckt von Pollocks zaghaftem Jubel weiterliefen ließen, sagte Pollock auf der Bank Bescheid. Und die Trainer signalisiertem einen Linienrichter, dass es da noch eine Situation zu klären gäbe.

Einigen wir uns auf ein 2:2?

Werbung
Werbung

Im Eishockey ist das nicht ungewöhnlich. Interessant wurde es aber, weil das Spiel nicht unterbrochen wurde, die Spieler also weiter wechselten, bis Cornel wieder an der Reihe war – und 129 Sekunden nach Pollocks Treffer ebenfalls traf. Auf der Bank überlegten Cheftrainer Frank Fischöder und Co-Trainer Manuel Kofler kurz, ob sie noch einmal insistieren sollten, da waren die Schiedsrichter aber bereits auf dem Weg. "Wir wollten einen Deal, dass wir gleich auf 2:2 gehen", verriet Fischöder später, "aber das wollten die Schiedsrichter dann doch nicht." Stattdessen erkannten sie, dass bereits Pollock ein reguläres Tor geschossen hatte und ließen die Uhr um zwei Minuten und neun Sekunden zurückstellen.

Die Ice Tigers waren also 44 Minuten und 28 Sekunden vergeblich angerannt, waren an Vogl und immer wieder an sich selbst gescheitert. Dass sie in 129 Sekunden zwei Tore erzielt hatten, gab ihnen eine Zuversicht, die sie lange nicht mehr gespürt hatten – auch wenn nur Pollocks Treffer zählte. Um nach neun Niederlagen in Folge endlich wieder ein Spiel zu gewinnen, mussten sie sich erst einmal beweisen, dass sie noch Tore schießen können: Daniel Schmölz legte noch in der 47. Minute im Power-Play nach. Chris Brown traf einfach so, ohne Sichtschutz, ohne einen Kollegen, der seinen Schläger virtuos in die Schussbahn hielt (58.) – ebenfalls bei Nürnberger Überzahl. Plötzlich schien alles zu klappen.

Fast alles.

Ein klarer Pfostentreffer

Straubing nahm Vogl vom Eis. Ein sechster Feldspieler sollte mithelfen, das Spiel zurückzuholen. Die Ice Tigers aber eroberten den Puck, Luke Adam hatte Zeit zu zielen und zielte zu genau. Ein Straubinger fälschte die Hartgummischeibe an den Pfosten ab. "Das ist wieder einmal eine Erkenntnis dieses Spiels", sagte Fischöder, "wir müssen uns alles hart erarbeiten. Wirklich alles. Wir haben nie aufgegeben. Wir wissen, dass das keine leichte Saison wird, dass uns niemand etwas schenkt. Das hat man heute auch wieder gesehen. Beim ersten Tor kullert das Ding über den Schläger. Charakter aber zeigen wir immer, heute haben wir uns dafür auch belohnt. Endlich. Und dann scheitern wir vor dem leeren Tor doch noch am Pfosten."

Es gab aber keinen Grund mehr einzugreifen, weder im Kölner Keller noch neben der Eisfläche. Die Ice Tigers hatten wieder ein Spiel gewonnen, dafür aber auch ohne Verlängerung 62 Minuten und neun Sekunden und vier Tore gebraucht, von denen nur drei zählten.