In der Kabine mit Donnarumma

Wie AC-Milan-Talent Meleleo bei Landesligist Vach landete

23.8.2021, 20:57 Uhr

Wer in seinem Leben schon zwei, drei Fußballspiele gesehen hat, dem fällt er sofort ins Auge, dieser Yuri Meleleo.


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Er ist der Typ Stürmer, den lange Innenverteidiger gar nicht mögen. Sobald der 1,73 Meter große Angreifer den Ball mit dem Rücken zum Gegner annimmt, fährt er Arm und Hintern aus und dribbelt dank seines tiefen Körperschwerpunkts immer weiter in die gegnerische Hälfte. Wenn er nicht weiterkommt, zieht er ein Foul.

So war es auch jüngst im Spiel seines ASV Vach gegen Jahn Forchheim. Beim 1:1 in der Landesliga Nordost zogen die Gastgeber fast alle Angriffe über ihn auf. Und jedes Mal schrillten bei den Forchheimern die Alarmglocken. Dass trotzdem nicht mehr als ein Punkt herauskam, hat in erster Linie damit zu tun, dass der ASV keinen Abnehmer für Flanken im Sturmzentrum hat. Dort sollte eigentlich dieser Meleleo lauern, doch der holt sich die Bälle lieber selbst.

In zweiter Linie hat es aber auch mit der persönlichen Geschichte dieses Yuri Meleleo zu tun. "Wenn er fit wäre, wäre er noch besser", sagt Alexander Rambau nach Schlusspfiff über ihn. Es ist der erste nette Satz, der dem ASV-Trainer nach zwei Stunden über die Lippen kommt. Nach vielen Flüchen über "Hacke, Spitze, eins, zwei, drei" seiner Stürmer, die "Skistiefel" anhätten, als einer ausrutscht, wird Rambaus Stimme sanft.

Auch in Vach: der Bruder von USA-Profi Julian Gressel

"Er ist offensiv variabel, gehört als Führungsspieler zum Gerippe mit Kevin Ott und Valentin Gressel", um die herum die jungen Spieler wachsen sollen. Doch Gressel, der Bruder des USA-Profis Julian, hat sich das Kreuzband gerissen. Also bedient Innenverteidiger Ott von Gressels Sechserposition aus Meleleo.

Dass der Deutsch-Italiener überhaupt in Vach gelandet ist, ist eigentlich ein Drama. Nicht, weil es im Fürther Norden nicht schön ist, ganz im Gegenteil. Doch wenn der gebürtige Erlanger von seiner Fußballer-Laufbahn erzählt, könnte man meinen, er wäre weit älter als 24. Als Kind zog er mit seinen Eltern nach Lecce in Apulien, wo die Meleleos herkommen. Sein Vater hatte ihn nach dem Stürmer Youri Djorkaeff benannt. Früh holte die Associazione Calcio Milan ihn in ihr Nachwuchsleistungszentrum.

"Ich war einer der jüngsten Spieler, der einen Ausrüstervertrag mit Nike bekommen hat", erzählt er ohne Arroganz, eher nachdenklich. Da war er 13 Jahre alt. Fünf Jahre später sorgten "ein paar falsche Entscheidungen" dafür, dass er zwar Profi wurde, aber nicht im Trikot der AC Mailand. "Sieben Berater wollten mich. Mein Vater hat zu ihnen gesagt: Wer mir den besten Vertrag mit Milan aushandelt, bekommt meinen Sohn. Das hat AC nicht gefallen."

Es kam wohl zu forsch rüber. AC schickte ihn weg, auch das interessierte Sampdoria Genua winkte ab und er unterschrieb zwar mit 18 seinen ersten Profivertrag, jedoch in der zweiten Liga bei AC Reggiana. "Dort habe ich mich verletzt und bin ausgeliehen worden in die vierte Liga."

Letzte Ausfahrt London

Nach nur wenigen Monaten war für ihn klar: Das ist eine Sackgasse. "Ich habe mir gedacht: Da kann ich auch zurück nach Erlangen, da bin ich wenigstens bei meiner Familie." Zurück in Deutschland startete er einen letzten Versuch, Profi zu werden und buchte sich in ein teures Fußballcamp in London ein. Scouts großer Vereine beobachten dort Spieler, doch Yuri fiel ihnen nicht ins Auge. "Es hat nicht gereicht", sagt er heute, auf dem Sportplatz des ASV Vach an einem Abend, an dem er einer der Besten war und ihn gerade die Stechmücken auffressen.

Es ist schon sein zweites Gastspiel hier in Mannhof, eine Saison beim ATSV Erlangen in der Bayernliga blieb ein Intermezzo, "ich habe mich hier wohler gefühlt". Obwohl er seine Geschichte mit Fassung erzählt, klingt sie ein wenig traurig. In der Kabine fragen sie ihn immer wieder nach ehemaligen Mitspielern; mit Gianluigi Donnarumma, heute Torwart bei Paris Saint-Germain, und Manuel Locatelli von Juventus Turin schreibt er manchmal noch über Instagram. Seine Zimmernachbarn aus dem AC-Internat, Giovanni Crociata (FC Empoli) Gian Filippo Felicioli (FC Venedig), werden für bis zu eine Million Euro am Mercato gehandelt.



Yuri Meleleo ist Lagerhelfer in einer Logistikfirma geworden, seinen Nebenjob als Vermögensberater möchte er ausbauen. Sein persönlicher Luxus sind Tattoos, für die er aber lange sparen muss. Dass er nicht fit ist, liegt nicht nur an einer Verletzung, wegen der er die Vorbereitung verpasste. Er reibt sich das Bäuchlein und sagt: "In der Corona-Zeit war ich faul." Dennoch ist Trainer Alexander Rambau froh über den Fast-Profi im Kader: "Gib uns noch ein, zwei Jahre. Wenn dieses Team zusammenbleibt, kann hier etwas wachsen."

Freitag, 27. August, 18.30 Uhr: Landesliga-Derby FSV Stadeln - ASV Vach, Am Kronacher Wald 2, Fürth.