Zengers Taktiktafel: Hoch, weit, Braunschweig

30.10.2020, 07:38 Uhr

Die Grundordnung...

... schwankt wie bei vielen Mannschaften in der zweiten Liga zu Beginn dieser Spielzeit zwischen Dreier- und Viererkette. Zwar begannen Daniel Meyers Löwen jedes Spiel außer das 0:0 gegen Kiel mit einer Dreierabwehr, doch nur bei der 0:2-Niederlage in Heidenheim zog die Eintracht das Spiel mit dieser Formation auch bis zum Schlusspfiff durch. Gegen Regensburg (0:3) und Hannover (1:4) wechselte Meyer sogar noch während der ersten Halbzeit auf Viererkette.

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Probleme auf links

Es scheint also so, als ob der im Sommer gekommene Coach zwar gerne mit Dreierkette operieren würde, aber nach Rückschlägen - beide frühe Formationswechsel folgten auf Gegentore - doch zur für viele Spieler natürlicheren Viererreihe zurückkehrt. Ein Problem bei den Formationswechseln ist, dass sich mit Niko Kijewski der Stamm-Linksverteidiger gegen Kiel einen Kreuzbandriss zuzog und es auf der linken Außenbahn in der Viererkette keinen adäquaten Ersatz gibt.

Was sich durch alle bisherigen Spiele durchzog, war, dass Braunschweig in erheblichem Maße bei den Zuspielen auf lange Bälle setzte. Mit fast 66 langen Pässen pro Spiel ist der Aufsteiger nach fünf Spieltagen klarer Spitzenreiter in dieser Wertung, gleiches gilt für den Anteil an langen Bällen: Mehr als jeder fünfte Pass (21 Prozent) wird von den Niedersachsen lang gespielt. Auf die Einsatzzeit umgelegt schlagen mit Nikolaou, Wydra und Ziegele auch genau jene drei Spieler, die in der Formation mit der Dreierkette die Verteidigungsreihe bilden. Der Stil ist also von langen Schlägen aus der Abwehr geprägt. Mit diesem Stil einher geht, dass die Passgenauigkeit der Eintracht bislang meist sehr gering war.

Die Spielanlage ist darauf ausgelegt, möglichst direkt vors Tor zu kommen, allerdings fehlten Braunschweig dafür bislang die spielerischen Mittel. Interessanterweise decken sich damit viele Werte mit denen des FCN, der in Sachen angekommene Bälle in Tornähe, Anzahl an Pässen zu Abschlüssen, Passgenauigkeit bei Pässen für Raumgewinn und bei Pässen ins letzte Drittel auf sehr ähnliche Werte kommt.

Wenn Niederlage, dann richtig

Die letzten Spiele...

... gingen für Braunschweig allerdings anders aus als für den FCN. Während beide Vereine erst einmal gewonnen haben, kommen die Niedersachsen darüber hinaus nur auf ein Remis und drei Niederlagen, Nürnberg dagegen auf drei Remis und eine Niederlage. Die Niederlagen fielen bei der Eintracht mit insgesamt 1:9 Toren auch sehr deutlich aus. Es fehlte also an beiden Enden des Platzes in vielen Spielen sowohl an Glück als auch an Vermögen. Denn auch bei der Betrachtung der expected Goals lässt sich feststellen: Die Eintracht ließ vor dem eigenen Tor höherwertigere Chancen zu als sie selbst kreierte.

Betrachtet man die Spiele im Einzelnen genauer, so scheint es ein wenig so, als hätte die 2:0-Auftaktniederlage gegen Heidenheim der Eintracht das Selbstvertrauen genommen. Vor dieser hatte Braunschweig Hertha BSC aus dem Pokal gekegelt und auch gegen den Relegationsteilnehmer war die Eintracht statistisch in allen Belangen (Torschüsse, expected Goals, Positionsangriffe, Pässe und Passgenauigkeit, Ballbesitz) überlegen, schoss aber keine Tore und verlor. Seitdem ist die Eintracht in vielen Bereichen nicht einmal mehr in die Nähe dieser Werte gekommen und war statistisch maximal noch ebenbürtig (gegen Kiel und beim Sieg gegen Bochum).

Maue Chancen und defensive Mängel

Die Schwächen...

... lagen bislang einerseits beim Kreieren von Torchancen. Während die reine Anzahl der Schüsse sogar im Mittelfeld der zweiten Liga liegt, hat Braunschweig in Sachen Chancenqualität mit 0,076 expected Goals pro Abschluss den mit Abstand schlechtesten Wert der Liga. Das liegt auch daran, dass Braunschweig als eines von drei Teams neben Nürnberg und Osnabrück mehr als die Hälfte seiner Schüsse von außerhalb des Strafraums abgibt. Im Gegensatz zum Club, bei dem mit Lohkemper und Handwerker schon zwei Spieler von außerhalb des Strafraums getroffen haben, hat Braunschweig aber auch noch kein Tor aus diesen Positionen erzielt.

Die andere Schwäche der Braunschweiger liegt in der Defensive. In den letzten beiden Spielen wurden mit Klaß und Ex-Cluberer Dornebusch zwei Spieler vom Platz gestellt, nachdem sie in der Zone direkt vor dem Strafraum Zweikämpfe verloren. Im Schnitt resultieren mehr als zwei Abschlüsse pro Spiel aus verlorenen Zweikämpfen im letzten Drittel, einer pro Spiel sogar aus im Strafraum verlorenen Zweikämpfen. Schafft der Club es also, die Braunschweiger Verteidiger direkt und mit Tempo anzulaufen, ist die Wahrscheinlichkeit eines Fouls oder einer Torchance sehr groß. Allerdings hatte der FCN in den letzten Spielen eben auch oft Probleme, mit dem Ball am Fuß ins letzte Drittel zu gelangen.