3218 Aussteller! Neuer Rekord auf der Biofach 2018

15.2.2018, 05:23 Uhr

So viele Aussteller wie in diese Jahr haben sie noch nie zuvor auf der Biofach versammelt. © Roland Fengler

Glänzend liegt es da im Licht der Messehallen – das Obst und Gemüse. In schicken, anspruchsvoll designten Verpackungen präsentieren sich Convenience-Produkte für all jene Verbraucher, die keine Zeit haben, aufwändig zu kochen und die dennoch das Gefühl haben wollen, sich gesund zu ernähren.

Doch nicht nur die veränderte Produktpräsentation ist ein guter Indikator für den Wandel der Bio-Branche – auch die Besucher selbst sind es. Kamen zu den Anfängen noch Menschen in selbst gestrickten Pullovern, dominieren heute Anzugträger. Unter sie mischt sich allerdings schon eine wachsende Zahl an jungen Menschen in Jeans, coolen Mützen oder mit Hipster-Bärten.

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Schon längst ist Bio ein Milliarden-Geschäft. Es sind auch nicht mehr die Bio- und Naturkostläden, in denen der Mammut-Teil des Umsatzes mit ökologisch hergestellten Lebens-, Waschmitteln oder Kosmetik erwirtschaftet wird. Vielmehr sind es die normalen Supermärkte und Discounter, die Bio statt in verschämten Ecken auf mittlerweile ansehnlichen Regalflächen präsentieren.

Vegetarisch, vegan, laktose- und glutenfrei

Damit setzen sie fast dreimal so viel um wie die Pioniere der Branche. Wie es wächst und sich ausbreitet – auch diese Entwicklung spiegelt die Messe wider. Mit neun Hallen füllt die Biofach zwei mehr als im vergangenen Jahr. Eine weitere beansprucht die Naturkosmetikmesse Vivaness. 3218 Aussteller aus 93 Ländern – ein neuer Rekord.

Und Bio es ist ein Geschäft, das von Innovationen getrieben wird, das Trends aufspürt, selbst setzt und auch eines, das ein Lebensgefühl widerspiegelt. Vegetarisch, vegan, laktose- und glutenfrei, mit Gojibeeren oder Chiasamen – alles Trendprodukte, die es auch in konventioneller Qualität gibt. Doch wer schon so auf seine Gesundheit achtet, tut dies meist in ganzer Konsequenz.

Sich gesund ernähren zu wollen ist nur ein Aspekt. Viel mehr geht es auch um Nachhaltigkeit, um den sinnvollen Umgang mit endlichen Ressourcen. "Talkin about a revolution", interpretiert der 18-jährige Benjamin Köstler, Vorjahreszweiter von Voice-of-Germany, den alten Tracy-Chapman-Song auf gefühlvolle Art neu bei der Eröffnungsfeier. "Um nichts Geringeres als eine Revolution geht es bei der Biofach", greift Nürnbergs OB Ulrich Maly das Lied in seiner Rede denn auch gewohnt eloquent auf. Ethische Fragen würden hier beantwortet – etwa wenn es um die Flächennutzung geht oder den CO2-Fußabdruck.

Entwicklung stark von Digitalisierung getrieben 

"Was will die junge Generation, das wir bewirken?" Dies sei eine der Fragen, die die Branche umtreibe, sagt Markus Arbenz. "Es geht jetzt darum, wie die Bio-Geschichte künftig erzählt wird", so der Geschäftsführer von Ifoam, der Vereinigung der ökologischen Landbaubewegung. "Es gibt eine Sehnsucht nach Authentizität, nach Beziehung." Also nicht mehr nur, wo die Produkte herkommen, sondern wer sie anbaut, wie und warum. Antworten auf Fragen wie diese soll die Messe geben – auch auf den Kongressen und Vorträgen, die zunehmend von der nächsten Generation gehalten werden. Dabei geht es um Wertewandel, Firmenübergabe, um "Bloggen für Bio", um Start-ups und um die Finanzierung neuer Ideen im Rahmen eines Wettbewerbs – "Pitch" auf Neudeutsch.

Getrieben wird auch die Entwicklung in der Öko-Branche stark von der Digitalisierung. Einerseits dadurch, dass viele Produkte nicht mehr den klassischen Weg "erst stationärer Handel, bei Erfolg dann auch Internet-Handel", nehmen, wie Naturkosmetik-Expertin Elfriede Dambacher für ihre Branche beobachtet hat. Der Weg ist oft umgekehrt: Erst was sich online bewährt, darf ins Regal.

Andererseits ist auch die Selbstvermessung ein Treiber, wie Steffi Burkhart weiß. Sie ist – als Botschafterin der jungen Generation – ebenfalls eine der Hauptrednerinnen der Eröffnungsfeier. Hinter Selbstvermessung verbirgt sich, mit Fitnessarmbändern und Smartphone-Apps mehr Daten über sich selbst zu sammeln: Schlaf, Herzfrequenz, Kalorienverbrauch. Die "eigene bio-psycho-soziale Gesundheit zu erfassen", nennt es Burkhart. Eine Entwicklung, die noch ganz am Anfang stehe. Damit einher gehe auch gesunde Ernährung, bewusster Konsum – "auf allen Ebenen eine gute Lebensweise zu realisieren".

Groß ist das Interesse auch an Information über das, was konsumiert wird. "Aber die jungen Leute wollen nicht mehr lesen, sondern erleben", weiß Ifoam-Chef Arbenz. Wo die Milch herkommt, erführen sie etwa bei einem Besuch im Stall – via Webcam. "So kann man sich heute mit modernen Mitteln direkt an den Verbraucher wenden."