Zu gierig?

Bonuszahlungen: Nürnbergs Messe-Bosse verzichten, die in München lieber nicht

4.8.2021, 17:47 Uhr

Seit Monaten glänzt die NürnbergMesse einsam vor sich hin. Die Corona-Pandemie hat das Geschäft zum Erliegen gebracht. Und etliche Mitarbeiter den Job gekostet. Die Messeführung zeigt sich solidarisch. © Heiko Stahl, NNZ

Die Corona-Pandemie mit ihrem Lockdown hat vor allem Verlierer hervorgebracht. Die Messen etwa haben Verluste in dreistelliger Millionenhöhe eingefahren. Büßen müssen das die Angestellten. Die beiden großen bayerischen Messegesellschaften bauen bei der Belegschaft ab. Die Personalkosten sind auch bei den Messen ein Faktor, der sich vergleichsweise schnell beeinflussen lässt. Doch es gibt offensichtlich Unterschiede, wie ausgeprägt die Solidarität auf den Chefebenen ist. Und hier könnte München von Nürnberg lernen, denn wo die einen weiter nehmen, verzichten die anderen.

Die Messe München zählte im guten Messejahr 2019 noch 790 Mitarbeiter. Fast 2,5 Millionen Besucher waren nach München gereist. Im Jahr darauf brach ihre Zahl um knapp 80 Prozent ein. Und mit ihnen der Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro auf nur noch gut 93 Millionen.

Massiver Abbau

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Die Folgen sind gravierend, auch, weil die Messegesellschaft sich darauf einstellt, dass das Geschäft in den kommenden Jahren nicht das alte Niveau erreichen wird. 170 Stellen sollen wegfallen bis spätestens Ende kommenden Jahres, deutlich mehr als jeder fünfte Arbeitsplatz also.

Für die Angestellten ist das zwar bitter, aber nicht überraschend. Ihr Zorn entzündet sich denn auch weniger daran, dass die Messe München sparen muss. Sondern vielmehr daran, wo sie nicht spart. "Das Ende der Moral", ist der anonyme Brief eines Messe-Insiders überschrieben, der uns vorliegt.

Boni trotz Staatshilfe

"Teils als ,Corona-Hilfe‘ getarnt, teils ganz unverhohlen als Tantieme" hätten Vorstand und Geschäftsführung der Messe München ihre Boni auch in den Krisenjahren kassiert, heißt es darin. Und das, obwohl die Stadt München und der Staat als Eigentümer mit Liquiditätshilfen der Messe beigesprungen seien, die zudem über das Kurzarbeitergeld weitere Hilfen vom Staat erhalten habe.

Auf Nachfrage gibt sich die Pressestelle wortkarg. Die Betriebsvereinbarung sehe seit zwanzig Jahren "unverändert für Führungskräfte einen fixen und einen variablen Gehaltsbestandteil vor", der vom Erfolg abhängig sei. Für 2020 habe dieser variable Teil "um rund 80 Prozent unterhalb der eines durchschnittlichen Messejahres" gelegen. Im Jahr 2021 verzichte die Geschäftsführung "auf einen erheblichen Teil ihrer Tantieme". Die Rede ist von "über 50 Prozent".

Mit anderen Worten: Geschäftsführung und auch die Abteilungsleiterebene darunter haben nicht verzichtet, von "einigen wenigen" abgesehen, wie es in dem Brief heißt. Die Pressestelle will nichts dazu sagen, ob Vorstand und Leitungsebene um einen freiwilligen Verzicht gebeten worden seien. Das falle unter das Betriebsgeheimnis. Im anonymen Schreiben wird dies so behauptet.

Solidarisch

Dass es auch anders gehen kann, lebt die NürnbergMesse vor. Auch sie muss sparen; um 25 Prozent hat das Unternehmen seine Personalkosten bereits reduziert. Auch in Nürnberg war der Umsatz 2020 gegenüber dem turnusgemäß vergleichbaren Geschäftsjahr 2018 um zwei Drittel gesunken. Von 85 geplanten Messen sind 65 coronabedingt ausgefallen. Kurzarbeit, Einstellungsstopp und der Verzicht auf Boni, heißt es in der Nürnberger Pressestelle, hätten das Schlimmste verhindert. Die NürnbergMesse war die erste in Deutschland, die das Instrument Kurzarbeit einsetzte. Das hat sich auch in den Zahlen niedergeschlagen.



Anders als in München aber haben in Nürnberg alle ihre Boni und Prämienzahlungen gestrichen, auch die Vorstände und anderen Führungsebenen. Dies sei freiwillig geschehen, wie ein Pressesprecher versichert, als Zeichen der Solidarität. Ob das auch für 2021 so kommen wird, ist derzeit offen. Das hänge davon ab, heißt es bei der NürnbergMesse, "wie erfolgreich der Neustart unserer Messen und Kongresse gelingt".

Von einst 605 Angestellten sind derzeit noch 520 übrig, den Rest hat die Messegesellschaft ohne betriebsbedingte Kündigungen abgebaut. Zumindest in Nürnberg hoffen sie darauf, dass es das gewesen sein dürfte. "Die NürnbergMesse plant, ab dem Jahr 2022 wieder gezielt in Personal zu investieren", so der Restart klappt. Auch davon ist vorerst in München nicht die Rede.