Simba-Dickie-Chef: "Märklin zu alter Größe zurückführen"

26.1.2014, 12:45 Uhr

Märklin-Miteigentümer Michael Sieber will die Marke langsam und behutsam ausbauen – und wieder zu alter Größe führen. © dpa

NZ: Märklin heißt das jüngste Kind in ihrer Simba-Dickie-Familie. Wächst und gedeiht es?

Michael Sieber: Gewachsen ist es 2013 nicht. Doch das hat uns nicht überrascht. Nach der Freigabe für die Übernahme durch das Kartellamt im April haben wir schnell festgestellt, dass die Sonderverkäufe mit Rabatten einen höheren Umfang hatten, als wir wussten. Das haben wir sofort abgestellt und mussten daher das Umsatzbudget der Vorgänger reduzieren. Statt Wachstum sind wir etwa auf dem Vorjahresumsatz von 107 Millionen Euro gelandet.

NZ: Was haben Sie gegen Rabatte?

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Sieber: Wir sind keine Insolvenzverwalter oder Finanzinvestoren, die kurzfristig agieren. Wir haben einen langfristigen Plan, den Erfolg von Märklin zu sichern. Eine solche Marke darf man nicht verramschen. Das wäre das gleiche, wie wenn sie einen Ferrari mit 30 oder 40 Prozent verkaufen würden. Dann wäre die Begehrlichkeit schnell vorbei.

NZ: Sie sind seit 30 Jahren im Geschäft. Haben Sie bei Märklin etwas entdeckt, was ganz anders ist als im Rest der Spielwarenbranche?

Sieber: Was mich begeistert hat, war die Komplexität und die Tiefe der Produktion. Es gibt branchenübergreifend wahrscheinlich wenige Unternehmen in Deutschland, die dieses breite Know-how haben – ob bei Spritzguss, Kunststoffspritzen, Stanzen, Galvanisieren, im Werkzeugbau, im Bedrucken. Alles ist sehr filigran bei Märklin. Da geht es um Toleranzen von 0,001 Millimeter. Das ist faszinierend. Mit dem Know-how könnte man sogar Drittkunden gewinnen.

NZ: Können Sie von diesem Produktions-Know-how auch in der eigenen Gruppe profitieren?

Sieber: Nicht im ersten Schritt. Momentan haben wir andere Prioritäten. Aber ich träume davon, irgendwann einmal wieder Schuco-Modellautos aus Metall in Deutschland zu produzieren. Auch im Bedruckungsbereich werden wir das Know-how nutzen.

NZ: Nicht nur das Know-how, auch die Kundschaft von Märklin ist ja eine ganz Besondere. Muss man die besonders pflegen?

Sieber: Ja. Die Modelleisenbahner sind momentan die wichtigste Zielgruppe. Unabhängig davon müssen wir aber dafür Sorge tragen, dass wir Märklin wieder in den Spielwarenhandel und die Kinderzimmer bringen.

NZ: Momentan ist der Hauptkunde deutsch, männlich, gut jenseits der 40. Wachstum in dieser Gruppe zu generieren, wird schwierig, oder?

Sieber: Gut, 75 Prozent des Umsatzes machen wir in Deutschland. Natürlich setzt unsere Expansionsstrategie auf die Internationalisierung. Dabei werden wir von unseren Erfahrungen bei Simba Dickie profitieren. Potenzial sehen wir beispielsweise vor allem mit LGB in den USA. Dort werden wir auch spätestens 2015 den Vertrieb wieder selbst übernehmen. Aber wir werden auch versuchen, neue Märkte wie Russland, Polen und andere zu erschließen. Mindestens genau so wichtig ist, Märklin zurück in die Kinderzimmer zu bringen. Mit der batteriebetriebenen Bahn „My World“ für Kleinkinder und dem neuen Einstiegssegment in die elektrische Modelleisenbahn „Start-up“ für Kinder im Alter ab sechs oder sieben Jahren wollen wir das schaffen.

NZ: China ist kein Markt?

Sieber: Die Chinesen lieben deutsche Produkte, die qualitativ hochwertig sind. Auch da gibt es vielleicht Möglichkeiten. Aber das sind momentan erst Ideen.

NZ: Als Produktionsstandort für Märklin hat Asien ausgedient. Eine vorausschauende Entscheidung angesichts politischer Unruhen in Thailand und Lohnsteigerungen in China?

Sieber: Wir haben schon um das Jahr 2000 herum angefangen, uns als Simba Dickie unabhängiger von China zu machen, indem wir in Europa eine Reihe von Firmen mit Produktion gekauft haben. Bei Märklin war die Produktion in China völlig in die Hose gegangen. Noch haben wir nicht alles zurückgeholt. Aber wir erweitern gerade unsere Produktion in Ungarn für zehn Millionen Euro, um dann auch Minitrix wieder in Europa zu fertigen.

NZ: Denken Sie daran, die Marke Märklin auch jenseits der Bahn zu nutzen?

Sieber: Märklin hat ja in der Vergangenheit auch andere Dinge gemacht, wie Blechspielzeug, Kinderküchen und anderes. Das wiederzubeleben, ist eine Option, die aber nicht in den nächsten drei Jahren gezogen wird. Wir müssen nun erst einmal unsere Hausaufgaben machen. Märklin ist kein Schnellboot, sondern ein ganz schön großer Dampfer. Wir versuchen sicher, etwas mehr Geschwindigkeit aufzunehmen. Aber man muss bei Märklin sehr sensibel sein.

NZ: Aber Sie könnten doch schon jetzt ins Simba-Dickie-Regal greifen und rund um Märklin Themenwelten schaffen...

Sieber: ... Das werden wir schnell versuchen, vielleicht mit einer Baustellen-Welt oder einem Western-Bahnhof. Für spezielle Entwicklungsarbeit blieb uns bislang nicht genug Zeit. Es gibt aber bereits Ansätze: Bei Dickie haben wir Fahrzeuge, die maßstabsgetreu zu LGB passen, auch für H0 gibt es das schon.

NZ: Apropos LGB: In den letzten Jahren hatte man das Gefühl, die Marke gerät in den Hintergrund...

Sieber: LGB hatte 2013 eine ganz gute Entwicklung. Aber wenn man sich die Historie anschaut, sieht man, dass die Firma gleich mehrfach gebeutelt war, und die Marke am meisten gelitten hat. Da wurden viele Fehler gemacht und zwischenzeitlich ging auch noch der Hersteller in China pleite. Nun haben wir die Produktion wieder nach Europa zurückverlagert und letztes Jahr wurden auch wieder Neuheiten präsentiert. Wir müssen die Marke ganz gefühlvoll wieder aufbauen. Aber: Wir setzen auf LGB – vor allem im nordamerikanischen Markt.

NZ: Wo steht Märklin in zehn Jahren?

Sieber: Ich bin davon überzeugt, dass wir Märklin wieder in ähnliche Größenordnungen zurückführen können, in denen die Firma einmal war. Märklin hat zeitweise um die 170 Millionen Euro umgesetzt – ohne LGB. LGB selbst war bei 30 Millionen Umsatz. Daran kann man anknüpfen.