Modellrechung zeigt: Impfungen allein führen nicht zum Ende der Pandemie

20.3.2021, 06:00 Uhr

Selbst bei einer Durchimpfung der Bevölkerung können zu schnelle Lockerungen laut einer Modellrechnung gefährlich sein. © Hans-Joachim Winckler, NN

Selbst wenn die Bevölkerung durchgeimpft ist, droht eine neue Infektionswelle, sollten die bestehenden Corona-Maßnahmen zu schnell zurückgenommen werden. Das ist das Ergebnis einer Modellrechnung von Forschern der University of Warwick, die im Fachjournal The Lancet Infectious Deseases veröffentlicht wurde. Zuerst berichtete das Wirtschaftsmagazin Business Insider darüber.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Impfstoffe im Schnitt zu 88 Prozent vor schweren Verläufen schützen und variieren die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung - sprich wie viele Menschen sich impfen lassen werden. Anhand dieser Zahlen berechnen sie, wie sich die Infektionszahlen bei verschiedenen Lockerungsszenarien entwickeln.

"Impfungen allein reichen nicht aus, um den Ausbruch einzudämmen"

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Im Mittelpunkt der Berechnung steht dabei der R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Corona-Infizierter ansteckt. Liegt er unter 1,0 sinken die Infektionszahlen, liegt er darüber, steigen sie.



"Wir gehen davon aus, dass die Impfung allein nicht ausreicht, um den Ausbruch einzudämmen", erklären die Studien-Ersteller. Denn die Modellrechnung zeigt, dass der R-Wert in Großbritannien auf 1,58 steigen könnte, sollten gleich nach dem Impf-Ende alle Corona-Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen aufgehoben werden. Die Wissenschaftler gehen bei diesem Szenario sogar von der optimistischen Annahme aus, das die Impfstoffe 85 Prozent der Ansteckungen verhindern.

Corona: Verzögerte Lockerungen könnten zehntausende Tote verhindern

Doch wäre das so schlimm - schließlich gibt es doch die schützenden Impfungen? Ja, sagen die Forscher. Denn die Impfstoffe könnten zwar einen großen Teil der Ansteckungen und noch mehr schwere Verläufe unterbinden, aber eben nicht alle.

Lockere Großbritannien - wo die Impfungen schon deutlich weiter vorangeschritten sind als in Deutschland - schon Ende März wieder, würden dem Modell zufolge bis Januar 2024 weitere 130.000 Menschen an einer Corona-Infektion sterben.



Verzögere man die Aufhebung der Restriktionen hingegen bis Juni, würde die Zahl der Toten auf 54.000 sinken und sich damit mehr als halbieren. Knapp die Hälfte der Toten wären der Rechnung zufolge bereits Geimpfte.

Forscher empfehlen, im Kampf gegen Corona nicht nur auf das Impfen zu setzen

Die Wissenschaftler verweisen selbst darauf, dass es sich hier um rein theoretische Annahmen handelt, die sich in der Realität auch wieder ändern können. So gibt es bereits Hinweise darauf, dass Biontech/Pfizer und AstraZeneca einen noch höheren Schutz gegen schwere Verläufe bieten, als die Forscher angegeben haben. Es ist also durchaus möglich, dass die Zahl der Todesfälle geringer ausfällt.



Die Studien-Macher empfehlen dennoch generell, nur langsam zu lockern und im Kampf gegen das Virus neben den Impfungen weiterhin auf Corona-Tests, Infektions-Rückverfolgungen und Abstand halten zu setzen. Es sei weiterhin offen, ob man letztlich Covid-19 ausrotten könne. Das hänge den Forschern zufolge von der weiteren Entwicklung des Virus und der Infektionen ab - und auch davon, wie sehr die Politik versuche, dieses Ziel langfristig zu erreichen.