Corona in Bayern: Scharfe SPD-Kritik - Krisenstab tagt erstmals

1.3.2020, 22:39 Uhr

"Anstatt dass die Staatsregierung den Menschen unaufgeregt sagt, wo die neuesten Infektionsfälle aufgetreten sind und was man dort unternimmt, wird gemauert", sagt Ruth Waldmann, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Dadurch werde die Verunsicherung nur noch größer, so die Abgeordnete, die die Informationspolitik der Staatsregierung anprangert. "Das Virus ist da, das Thema ist da und die Menschen wollen jetzt wissen, woran sie sind." 

Kritisiert die Staatsregierung für ihre Corona-Informationspolitik: Ruth Waldmann. © dpa

Kritik, die Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml nicht unwidersprochen lassen will. "Manchmal ist die Bestätigung vom Labor schon da, und es dauert, die Person dazu erstmal zu benachrichtigen. Es ist natürlich wichtig, dass bevor wir was in den Medien rausgeben, derjenige selbst weiß, dass er positiv ist", sagte die CSU-Politikerin gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. "Und da braucht es dann eben die ein oder andere Stunde noch, um das wirklich genau und fundiert abgeklärt zu haben."

SPD kritisiert mangelnde Unterstützung für Ärzte

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Beinahe täglich informiert das Gesundheitsministerium über die aktuellen Fälle, zuletzt am Sonntagnachmittag, als bekannt wurde, dass auch eine Frau aus Nürnberg mit dem Erreger Sars-CoV-2 infiziert wurde. Sie hatte sich wohl bei ihrem Ehemann angesteckt. Die Behörden halten sich dabei strikt an eine Meldekette, die das Robert-Koch-Institut empfiehlt. 

Die Unterstützung für Mediziner, kritisiert SPD-Politikerin Waldmann, sei ebenfalls mangelhaft. "Es ist nicht klar, wo das Personal für zusätzliche Aufnahmen auf den Stationen herkommen soll, auch wissen die Behandelnden oft nicht, wo sie genügend Schutzkleidung und Desinfektionsmittel hernehmen sollen", sagt sie. "Sie sind schließlich diejenigen, die das wirklich brauchen!"

Fürther Hausarzt: "Wissen nicht, wer Analysen macht"

Eben jene Kritik teilt auch Franz Jobst, ein Fürther Allgemeinmediziner. Generell sollen sich Menschen, die glauben, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, bei ihrem Hausarzt melden - telefonisch. Doch darauf, sagt Jobst, sei man gar nicht vorbereitet worden. "Wir haben keinerlei Informationen erhalten, wie wir uns verhalten sollen", sagt er gegenüber den Fürther Nachrichten.

Auch bei den Tests auf Sars-CoV-2 sei vieles unklar. "Wir wissen nicht, wer Analysen der Rachenabstriche macht", sagt Jobst. Weil die Nachweisverfahren noch nicht standardisiert seien, sei nicht jedes Labor dazu imstande. Er selbst wisse nur vom Hörensagen, dass das Virologische Institut der Uni Erlangen testen könne. Doch sei es, dem Vernehmen nach, überlastet. Der Hausarzt spricht von großer Ratlosigkeit. 



In Bayern tagte derweil am Sonntagabend ein neu eingerichteter Krisenstab. Die erste Sitzung fand unter Leitung der Gesundheitsministerin Melanie Huml und Innenminister Joachim Herrmann statt, mehrere Experten unterstützen die Politiker mit ihrer Expertise. Im Fokus: die Risikobewertung bei Großveranstaltungen.

Länderspiel in Nürnberg vor Absage? 

Bereits am Freitag veröffentlichte das Robert-Koch-Institut (RKI) einen Leitfaden für den Umgang mit besucherreichen Events. Gerade dann, wenn Menschen aus Risikogebieten - etwa in Norditalien - anreisen, herrsche ein größeres Risiko, so die Experten. Die Bundesbehörde empfiehlt vereinzelt Absagen. Der Krisenstab der Staatsregierung kündigte am Sonntag an, die RKI-Empfehlungen umzusetzen.

"Die Folge wird sein, dass manche Großveranstaltungen wie zum Beispiel Messen abgesagt oder verschoben werden", sagt Gesundheitsministerin Huml. Davon betroffen könnte etwa das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Italien in Nürnberg sein - bislang reagieren die Verantwortlichen aber gelassen. Die Entscheidung, betont der Krisenstab, treffen die lokalen Behörden und Veranstalter. "Für uns ist klar: Der Schutz der Bevölkerung hat oberste Priorität", sagt Huml.