Erhöhung der Rundfunkgebühren: Vertagung als einziger Ausweg

8.12.2020, 14:36 Uhr

Eine Erhöhung der Rundfunkbeiträge wird es in Deutschland vorerst nicht geben. © Marius Becker, dpa

Die Situation war komplett verfahren. Da stimmte ein Ministerpräsident in der Runde aller deutschen Regierungschefs der Erhöhung der Rundfunkgebühren zu und seine eigene Landtagsfraktion verweigerte sich anschließend dieser Zusage. Eigentlich wäre so etwas ein Rücktrittsgrund, denn offensichtlich kann Reiner Haseloff die Stimmung unter seinen Abgeordneten in Sachsen-Anhalt nicht mehr richtig einschätzen und hat außerdem dramatisch an Autorität verloren.

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Zur Gebührenerhöhung selbst kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Brauchen die öffentlich-rechtlichen Sender wirklich eine dreistellige Millionensumme zusätzlich im Jahr, wo sie doch ohnehin ganz gut ausgestattet sind? Verbot der Magdeburger Koalitionsvertrag, in dem eine Beitragsstabilität vereinbart war, im Grunde nicht eine solche Erhöhung?



Aber längst hat sich die Gebührenfrage von der Frage nach der politischen Macht gelöst. Es ging in Sachsen-Anhalt nicht zuletzt darum, wie und ob die CDU bereit ist, gegen die anderen Parteien mit der AfD gemeinsame Sache zu machen. Und es geht auch darum, wie sehr sich manche ostdeutsche Landesverbände der Christdemokraten nichts mehr von der Parteizentrale in Berlin sagen lassen. Ähnliches war bereits bei der Wahl Thomas Kemmerichs zum Ministerpräsidenten von Thüringen zu beobachten gewesen.

Wie lange wird die Ruhe in Sachsen-Anhalt halten?

Dass Reiner Haseloff die Rundfunkgebühren jetzt von der Tagesordnung nahm, war die einzige Chance, nicht noch mehr Schaden anzurichten. Für kurze Zeit, maximal bis zur Landtagswahl in einem halben Jahr, könnte Ruhe herrschen. Wenngleich das angesichts des zerschlagenen Porzellans in Sachsen-Anhalt noch längst nicht sicher ist. Aber ein Eingefrieren der Situation war auf jeden Fall besser als eine weitere Eskalation, die sonst gar nicht zu vermeiden gewesen wäre. ARD und ZDF wären dann übrigens auch nicht an zusätzliches Geld gekommen.

Was im Zuge der Magdeburger Krise am meisten beunruhigen musste: Weder die Bundesvorsitzende der CDU noch der Ministerpräsident waren in der Lage, den Streit zu moderieren und tragfähige Lösungen zu finden. Dabei hatte es sich schon lange abgezeichnet, wie sich die Dinge entwickeln würden. Alleine das zeigt schon, wie dringend die Christdemokraten eine neue Führungsfigur brauchen, an der nicht schon der vor fast einem Jahr angekündigte Rücktritt nagt.



ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen abwarten, ob und wann sie mehr Geld erhalten. Angesichts jährlicher Gebühreneinnahmen in Höhe von acht Milliarden Euro sollte es möglich sein, das einige Monate lang zu verkraften. Die Ankündigung der MDR-Intendantin, vor das Verfassungsgericht zu ziehen, scheint dann doch ein wenig martialisch - in Zeiten, in denen andere mit dramatischen Umsatzeinbußen leben müssen. Den wertvollen Auftrag der Grundversorgung können die Öffentlich-Rechtlichen trotzdem weiter erfüllen.