WhatsApp-Überwachung: Genug der Plattitüden!

23.6.2017, 10:33 Uhr

Natürlich hat jetzt auch wieder der scheinbar schlauste aller Sprüche Hochkonjunktur: "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten." Stimmt schon. Nur wären die wenigsten, die diesen Satz im Munde führen - einen Satz, mit dem sich auch die repressivste Überwachung rechtfertigen ließe - dann auch bereit, ihr eigenes Schlafzimmer mit Kameras ausrüsten zu lassen.

Auf der anderen Seite der Debatte, wie sie nun im Zuge des Bundestagsbeschlusses wieder aufflammt, stehen diejenigen, die sich gegen jeglichen Zugriff des Staates auf Handydaten aussprechen. Sie sollten ihrerseits einmal den Versuch unternehmen, den Angehörigen eines Terroropfers zu erklären, warum den Sicherheitsbehörden die WhatsApp-Chats des jeweiligen Attentäters nichts angingen.

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Leider verläuft die Diskussion in Deutschland stets entlang dieser beiden Positionen aus der Internet-Steinzeit - das ist fatal für die Gestaltung der Digitalisierung. Dabei wären in der Frage der Staatstrojaner gerade die nüchternen Analysen wichtig. Analysen, die zum Beispiel darauf verweisen, dass es natürlich unerklärlich ist, warum der Staat - wie bisher der Fall - zwar SMS auslesen darf, aber keine WhatsApp-Nachrichten. Analysen, die gleichzeitig hinterfragen, ob der Staatstrojaner mit seinen quasi unbeschränkten Zugriffsmöglichkeiten, sobald er einmal installiert ist, nicht ein viel zu mächtiges Instrument ist. 

Zumindest in der Bundesregierung darf sich über die platte Debatte aber niemand beschweren. Sie versteckte die Staatstrojaner-Pläne in einem Änderungsvorschlag zu einem umfangreichen Gesetz, hatte an einer ehrlichen Diskussion also offensichtlich kein Interesse. Mit diesem Gesetz, beschlossen durch die Stimmen der Großen Koalition, dürfte sich wohl bald das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Die Karlsruher Richter werden sicherlich eine sachliche Abwägung vornehmen. Eine solche hätte aber besser schon vorher stattgefunden - in Gesellschaft und Parlament. Diese Chance ist einmal mehr verpasst worden.