Teil eins des großen Interviews zum Saisonstart

Andreas Wolf: "Als Spieler wollte ich kein Trainer werden"

12.8.2021, 06:00 Uhr

„Wir haben versucht aufzuholen, was aufzuholen war: Andreas Wolf (rechts) und sein Assistent Andy Nägelein. © Sportfoto Zink / Oliver Gold, Sportfoto Zink / OGo

Herr Wolf, Ihr Vater war auch Trainer. Bei welchen Vereinen genau?

Wolf: Eigentlich nur beim ESV Ansbach-Eyb.

Stimmt, ich erinnere mich. War eine harte Zeit, damals mit unzähligen Kniebeugen nach der Einheit. Und einem Mitspieler auf den Schultern. Hat er Sie zuhause auch gedrillt?

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Wolf: Er hatte wenig Zeit, musste meistens früh um sieben weg und kam teilweise auch erst abends um sieben wieder heim. In Sachen Trainingsdrill war ich daher auf mich gestellt. Meist habe ich mich nach der Schule mit Kumpels getroffen, um zu kicken.

Haben Sie von Ihrem Vater etwas lernen können? Als Trainer?
Wolf: Seine Trainer-Laufbahn war einfach zu kurz. Aber er hat ja auch selbst gespielt. Damals, in der ehemaligen Sowjetunion. Zweite Liga, glaube ich. Und ja, da konnte ich schon einiges lernen. Und ein paar Tipps hat er mir natürlich auch gegeben.

Welche zum Beispiel?

Wolf: Wie man richtig trainiert. Worauf es ankommt. Seitdem ich Trainer bin, steht er mit der ganzen Familie wieder häufiger am Platz. In die Kabine kommen aber nur mein Assistent, mein Zeugwart und meine Physiotherapeutin, alle anderen haben da nichts verloren.

Seit wann ungefähr wollten Sie Trainer werden? War das schon immer klar?

Wolf: Nein, so klar war das nicht. Als Spieler habe ich eigentlich gesagt: Ich möchte kein Trainer werden.

Warum nicht?

Wolf: Wahrscheinlich wollte ich einfach mein früheres Lebensmuster durchbrechen, nicht mehr jedes Wochenende unterwegs sein. Ich wollte wieder mehr Zeit mit der Familie und für die Kinder haben. Aber wenn die Karriere langsam zu Ende geht, stellt man sich schon die Frage: Was machst du danach?

Ja, was?

Wolf: Als ich 2014 aus Monaco zurückkam, bot mir der 1. FC Nürnberg die Stelle als Co-Trainer von Roger Prinzen bei der U21 an. In dieser Zeit konnte ich dann auch meine Scheine machen. Anschließend gab’s viele Veränderungen im Verein, wir kamen einfach nicht mehr zusammen. Und dann habe ich einfach Abstand genommen vom Fußball. War ein Jahr mal ganz weg. Einfach nur Familie, Freizeit. Da habe ich gemacht, worauf ich Lust hatte. Aber nach einer gewissen Zeit wird es mit dem Nichtstun einfach langweilig: Immer wieder der gleiche Tagesablauf.

Also doch wieder Fußball.

Wolf: Nach einem Jahr fing ich über die Berufsgenossenschaft eine Ausbildung an zum Sport- und Fitness-Kaufmann. Die habe ich dann drei Jahre durchgezogen, mit Abschluss. Danach übernahm ich beim Club als Koordinator im Leistungsbereich U16 bis U21, inklusive Übergang zum Lizenzbereich. Diesen Job hätte ich auch gerne noch weiter ausgeführt, doch im Sommer hat sich dann viel getan im NLZ: Marek Mintal (Trainer der U21, d. Red.) weg, Peter Gaydarov (Trainer der U17, d. Red.) weg, Fabian Adelmann (Trainer der U19, d. Red.) weg. Wir hatten personell plötzlich großen Bedarf. Viele Gespräche später war ich Trainer der U19-Bundesligamannschaft.

Hat Sie das Angebot überrascht?

Wolf: Nein, überrascht hat es mich nicht. Jetzt galt es, ein gutes Team zu finden, in dem die Typen zusammenpassen, gut miteinander können. Und ich denke, dass wir mittlerweile ein gutes Team haben.

Was zeichnet den Trainer Andreas Wolf aus? Was ist der größte Unterschied zum Spieler Andreas Wolf?

Wolf: Ich bin sehr geradlinig. Halte kurze, konkrete, direkte Ansprachen und keine langen Sitzungen ab. Das mochte ich früher schon nicht. Ich glaube, dass die Spieler irgendwann abschalten, da spreche ich aus Erfahrung. Ansonsten fordere ich von den Jungs vor allem die einfachen Sachen. Dass sie die gut umsetzen. Fußball ist nicht kompliziert.

Was meinen Sie konkret mit einfachen Sachen?

Wolf: Ein Pass über fünf Meter muss ankommen. Der erste Kontakt muss sitzen, schon von klein auf, Ballannahme, Ballmitnahme. Sich bewegen, spielen, bewegen, kompakt stehen als Mannschaft. Fußball ist ein Laufsport, Fitness ist natürlich wichtig, die Zweikampfführung auch. Ich erwarte nicht von einem, dass er drei Mann ausdribbelt, ich erwarte einfachen Fußball. Genauso ist das mit der Taktik.

Also alles nicht zu kompliziert? Klingt nach old school.

Wolf: Die richtige Taktik gehört selbstverständlich dazu, aber man darf es nicht übertreiben. Eine gewisse Ordnung auf dem Platz muss erkennbar sein. Lieber lasse ich meine Mannschaft nur in zwei Systemen spielen, solange die zu 100 Prozent funktionieren. Fünfmal im Spiel umzustellen kann auch Verwirrung stiften. Wenn dann der eine plötzlich nicht mehr weiß, was der andere macht.

Wie war das damals bei Ihnen in der U19? Wären Sie lieber heute Jugendspieler beim 1. FC Nürnberg?

Wolf: Schwer zu sagen, es war eine andere Zeit. Die Spieler von heute haben alles, was man sich vorstellen kann. Ein Internat, eigene Zimmer. Es ist immer jemand da, der aufpasst, sie werden verpflegt und müssen sich eigentlich nur auf Fußball konzentrieren. Als ich mit 16 nach Nürnberg gezogen bin, hatte ich eine Ein-Zimmer-Wohnung und musste mich auf eigene Faust durchschlagen. Ob wir um 23 Uhr im Bett waren oder um 3 Uhr, hat niemanden interessiert. Hauptsache, man konnte am nächsten Tag in der Schule oder Ausbildung seinen Mann stehen. Und natürlich im Training oder Spiel. (Fortsetzung folgt.)


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