1:0-Sieg gegen Bielefeld

Erfolgreicher Krisenmanager: Wie Trainer Klauß den Club wieder in die Spur brachte

12.9.2022, 05:51 Uhr

Im Jubel vereint: Nürnbergs Innenverteidiger James Lawrence (l.) und Christopher Schindler. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Vor dem Spiel des 1. FC Nürnberg gegen Arminia Bielefeld machte auf Twitter eine interessante Statistik die Runde. Basierend auf den Daten des Online-Portals transfermarkt.de teilen sich beide Vereine den zweifelhaften Rekord, seit Einführung des Profifußballs ligaübergreifend am öftesten den Trainer gewechselt zu haben – nämlich jeweils 65 Mal.

Gleichgezogen hatten die Ostwestfalen erst Mitte August, als der mit dem Neuaufbau betraute Schweizer Uli Forte auf der Alm schon nach vier Spielen (und vier Niederlagen) von Daniel Scherning abgelöst wurde. Ein radikaler Schritt, der Wirkung zu zeigen schien: Der aus Osnabrück gekommene Coach stabilisierte die Arminia und holte immerhin zwei Remis und einen Sieg. In Nürnberg stieß dann aber auch Scherning an seine Grenzen – zwar resultierte die erste Niederlage aus einem späten 0:1, war aber insgesamt verdient, wie der 38-Jährige einräumte: „Wir haben ein schwaches Spiel abgeliefert.“

Oder der Club eben ein starkes, was eher der Betrachtungsweise von Robert Klauß entsprach, der „von der ersten bis zur letzten Minute ein sehr gutes Spiel“ seiner Mannschaft gesehen haben wollte, was vielleicht ein bisschen übertrieben war, weil es schon auch noch ein paar nicht ganz so gute Minuten zu sehen gegeben hatte. Insgesamt aber hatte sich der Club den Sieg redlich verdient und in der 88. Minute das Glück das Tüchtigen eben auch mal erzwungen.

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Nur zwei Bielefelder Chancen

„Wir haben während des Spiels so viel richtig gemacht, dass es sich auf jeden Fall richtig angefühlt hat“, empfand auch Klauß den Lucky Punch durch Lino Tempelmann als gerechten Lohn für eine engagierte und vor allem über weite Strecken konzentrierte Vorstellung. Gerade mal zwei Chancen durch Robin Hack und Masaya Okugawa hatte die kompakte Defensive den Gästen gestattet, nach zuletzt zehn Gegentoren in vier Spielen ein nicht unwesentlicher Fakt.

„Wir wollten heute in beiden Halbzeiten griffig und aggressiv sein. Das haben wir geschafft“, konstatierte Vorlagengeber Mats Möller Daehli zufrieden. Zudem ließen sich die Club-Profis wie von Klauß explizit gefordert diesmal nicht von Rückschlägen aus dem Konzept bringen – weder die vielen vergebenen Chancen noch das vom Video-Assistenten einkassierte vermeintliche 1:0 durch Kwadwo Duah (52.) bremsten den Nürnberger Elan.

„Wir hatten Kontrolle, sind nie hektisch geworden und ins Wanken geraten“, lobte Klauß.
Dazu beigetragen hatte auch der Trainer selbst, weil er nach dem 2:4 in Braunschweig die richtigen Schlüsse gezogen und personell umgestellt hatte. In der Abwehr sorgte die Rückkehr von Kapitän Christopher Schindler für Stabilität. Vor allem aber wirkte das Mittelfeld diesmal wesentlich kompakter, was in erster Linie an der gut funktionierenden Doppelsechs mit dem dynamischen Tempelmann und dem zweikampfstarken Sadik Fofana lag, unterstützt vom enorm einsatzfreudigen Jens Castrop.

Und auch die überraschende Idee, diesmal Felix Lohkemper an Stelle des oft glücklosen Christoph Daferner aufzubieten, war wohl nicht die schlechteste. „Er trainiert seit zwei, drei Wochen wirklich richtig gut, und wir haben auch einfach gemerkt, dass er jetzt bereit ist und seine Qualitäten wieder komplett auf den Platz bringen kann“, erklärte Klauß die Nominierung des 27-Jährigen, der sich bei seinem Startelf-Comeback nach 21 Monaten gerade im Wechselspiel mit dem gewohnt umtriebigen Möller Daehli ein belebendes Element erwies.

Auch wenn der Club nach wie vor weit von seinen eigenen Ansprüchen entfernt ist und der Aufwärtstrend unter anderem am Samstag in Darmstadt erst bestätigt werden muss, hat Klauß einmal mehr angedeutet, dass er schwierige Situationen zu meistern versteht und Lösungswege findet. Auch deshalb genoss er vor diesem brisanten Spiel die demonstrative Rückendeckung von Sportvorstand Dieter Hecking.

Der Trainer selbst schien die sich breitmachende Weltuntergangsstimmung eh nicht so recht zu verstehen. „Es war ja nicht so, dass wir vorher dreimal bodenlos gespielt und 0:4 verloren haben. Wir hatten Schwächephasen und gute Phasen, deshalb kam es jetzt für mich nicht völlig überraschend, dass wir mal ein gutes Spiel machen“, befand Klauß.

Weitermachen und hinterfragen

Auch in Zeiten des Misserfolgs sei es wichtig, „dass man bei sich bleibt und die Sachen, von denen man überzeugt ist, weitermacht“, mahnte Klauß: „Wir haben ja etwa unsere Grundordnung gleich gelassen und auch nicht wild herumrotiert.“ Zugleich müsse man sich aber „immer wieder hinterfragen und schauen, was man besser machen kann“, etwa in der Trainingsplanung, in der Ansprache oder in der Personalwahl.

Sollte Klauß dieses Krisenmanagement auch künftig gelingen, ist kaum zu erwarten, dass der 1. FCN so schnell zum alleinigen Rekordhalter in Sachen Trainerwechsel avanciert.