FCN: Fast so viele Aluminiumtreffer wie Tore

17.12.2013, 06:56 Uhr

Geht er ins Tor, der Ball? Oder doch wieder gegen den Pfosten? Mit mittlerweile 16 Aluminiumtreffern in dieser Saison steht der 1. FC Nürnberg zumindest in der nationalen Pech-Tabelle ganz oben. © Sportfoto Zink / DaMa

Auf dem Platz wollte er Linienrichter Detlef Scheppe an den Kragen, in der Interviewzone des Niedersachsenstadions brüllte er sich seinen Frust aus dem Leib. Im Gedächtnis bleiben wird vor allem seine lautstark vorgebrachte Kritik an den Unparteiischen: „ZWEIII METERRR ABSEIIITS!“

"Ich weiß nicht, was ich gemacht habe“, sagt Nilsson am nächsten Vormittag. Wie in Trance habe er die turbulente Schlussphase erlebt, den "sehr realen Gruselfilm“, wie die Süddeutsche Zeitung am Montag schrieb. Von 3:1 auf 3:3 in fünf Minuten, mitsamt der Fehlentscheidung des Tages – Nilsson konnte nicht mehr. "Du willst, dass jemand was korrigiert“, so versuchte er seinen emotionalen Ausnahmezustand zu erklären. Aber es korrigierte niemand irgendetwas. Erst recht nicht das Gespann um Thorsten Kinhöfer.

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Ginczek vor Hasebe

Dass die Nürnberger mittlerweile kaum noch verstehen können, was mit ihnen geschieht, hängt auch mit einer anderen Statistik zusammen. Noch so eine perfide Laune des Schicksals, die sie von Woche zu Woche mehr in die Bredouille bringt. Am Samstag in Hannover gab es bereits den 15. und 16. Aluminiumtreffer der Saison, so viele hatte seit Gründung der Bundesliga nach 16 Spieltagen noch keine andere Mannschaft. 16 Mal prallte der Ball schon ans Gestänge des gegnerischen Kastens, ein fast schon unwirklich hoher Wert. Zum Vergleich: In der gesamten Abstiegssaison 2007/2008 waren es 19.

Zielen die Profis des Tabellenvorletzten, seit Sonntagabend mit vier Punkten Rückstand auf Platz 15, etwas zu genau? Oder gar nicht? 7,32 Meter ist so ein Fußballtor breit, die abgerundeten Stangen nur etwa zwölf Zentimeter. Die Wahrscheinlichkeit, ins Netz zu treffen, ist somit wesentlich höher als knapp daneben; trotzdem sind für den Club nach wie vor fast so viele Tore (17) wie Pfostentreffer (16) notiert.

Die interne Pechvogelrangliste führt Stürmer Daniel Ginczek an (4), gefolgt von Makoto Hasebe (3) sowie Per Nilsson und Josip Drmic (je 2). In der Kategorie „Pech“ ist der Club natürlich auch bundesweit ganz klar die Nummer eins und praktisch Herbstmeister, mit deutlichem Abstand folgen Frankfurt (11) und Hoffenheim (10); im Liga-Durchschnitt scheiterte jeder Verein bislang knapp sechs Mal an Pfosten oder Latte.

Es kommt einfach alles zusammen beim Club, der auch schon drei Eigentore geschossen hat und weiter mit einer schlechten Großchancenverwertung auffällt, der zweitschlechtesten im 18er Feld. Zwar schufen sich die Nürnberger laut kicker 87 Möglichkeiten und damit sogar mehr als Schalke, Bremen oder Hannover, allerdings benötigten sie im Schnitt auch fast fünf für ein Tor, Schalke hingegen nicht mal drei. Daniel Ginczek wahrscheinlich etwas mehr, im Strafraum fehlt besonders ihm noch die Kaltschnäuzigkeit in seinem ersten Bundesliga-Jahr, die Souveränität, die Konzentration beim Abschluss. In Hannover etwa verdattelte er kurz vor der Pause unbedrängt im Fünfmeterraum und somit relativ kläglich das 4:0, mehr Platz als der junge Mittelstürmer in dieser Szene kann man fast nicht haben.

Unvermögen und Pech ergeben eine gefährliche Mischung, die auf Dauer nicht jeder verträgt. „Vielleicht haben wir unser Glück in der vergangenen Saison auch etwas überstrapaziert“, sagte Markus Feulner schon vor dem rätselhaften 1:3 in Mönchengladbach vor fünf Wochen, wo ebenfalls so ziemlich alles schiefging, was schiefgehen konnte. De facto punktete Club in der zurückliegenden Rückrunde auch an schwächeren Tagen (etwa gegen den HSV, Hannover oder Mainz) oder mit freundlicher Unterstützung des Schiedsrichters (wie gegen Mönchengladbach). Besonders schräg verlief das Heimspiel gegen Schalke 04, als die Königsblauen zur Pause bereits uneinholbar hätten führen müssen, aber 0:3 verloren.

Am Samstagabend (Anstoß 18.30 Uhr) kommt es zur Neuauflage im Frankenstadion. Mit einem anderen Innenverteidiger, Emanuel Pogatetz ist nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt.„In den letzten Jahren haben wir gegen die zuhause immer gut ausgesehen“, sagt Per Nilsson. 3:0, 4:1, 2:1. Hannover? „Müssen wir natürlich vergessen, es geht ja weiter.“ Irgendwie.


Die 16 Aluminiumtreffer im Überblick:

 1. Spieltag in Hoffenheim: Daniel Ginczek
 2. Spieltag gegen Hertha: Daniel Ginczek
 3. Spieltag in München: Daniel Ginczek
 4. Spieltag gegen Augsburg: Markus Feulner
 6. Spieltag gegen Dortmund: Mike Frantz
 7. Spieltag in Bremen: Josip Drmic
 8. Spieltag gegen den HSV: Tomas Pekhart
 9. Spieltag in Frankfurt: Niklas Stark
11. Spieltag gegen Freiburg: Makoto Hasebe, Per Nilsson
12. Spieltag in Mönchengladbach: Josip Drmic
13. Spieltag gegen Wolfsburg: Makoto Hasebe
14. Spieltag in Leverkusen: Makoto Hasebe
15. Spieltag gegen Mainz: Per Nilsson
16. Spieltag in Hannover: Daniel Ginczek, Marcelo