Heimsieg für den Club: Esswein räumt die Puppenkiste auf

28.8.2011, 15:49 Uhr

Am Ende durften sich die Gastgeber tatsächlich über den zweiten Saisonsieg freuen. Alexander Esswein sicherte mit seinem späten 1:0 in der 76. Minute Nürnbergs ersten Erfolg im eigenen Stadion seit dem 5:0 gegen den FC Sankt Pauli vor exakt 150 Tagen. „Ich muss meiner Mannschaft ein Riesen-Kompliment machen“, sagte Dieter Hecking nach der Partie, „es ist nicht selbstverständlich, dass man so ein Spiel mit so jungen Spielern gewinnt.“

Gegen defensiv eingestellte Gäste musste Hecking seine Mannschaft noch etwas jünger machen als gegen Dortmund und auf Markus Feulner verzichten, der Neuzugang meldete sich kurz vor Spielbeginn mit schmerzenden Adduktoren ab, an seiner Stelle durfte sich Julian Wießmeier versuchen. Noch nicht einmal auf die Ersatzbank hatte es Robert Mak geschafft, der sich nach einer starken Vorbereitung derzeit auf Formsuche befindet. Seinen Platz neben Hecking durfte Albert Bunjaku einnehmen. Bunjaku und Hecking hatten also beste Sicht auf ein Spiel, das in den ersten 45 Minuten recht mühselig daherkam.

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Augsburg hinterließ nicht den Eindruck, mit aller Macht den ersten Bundesligasieg der Vereinsgeschichte anzustreben, Nürnberg bemühte sich recht umständlich um ein strukturiertes Offensivspiel. 25 Minuten waren vergangen, als sich Jens Hegeler die erste Möglichkeit auf ein Tor eröffenet. Eher zufällig war Hegeler alleine mit dem Ball im Strafraum aufgetaucht, verfehlte dann aber aus zwölf Metern halbrechter Position knapp sein Ziel.

Fahrt konnte die Partie auch nach der Unterbrechung nicht annehmen, weil Augsburg weiterhin mit zehn Mann das eigene Tor verteidigte, Nürnberg im Spielaufbau zu umständlich und vor allem zu ungenau agierte. „Das ist nicht das kreative Problem einzelner Spieler, es fehlt das Vertrauen“, sagte Hecking. Torchancen waren rar: Mölders prüfte Patrick Rakowsky mit einem Distanzschuss, Klose köpfte – einer schönen Tradition folgend – eine Hereingabe von Timothy Chandler neben das Tor.

Hecking reagierte, brachte erst Alexander Esswein für den blassen Christian Eigler, später noch Markus Mendler für Jens Hegeler. Die Außenpositionen waren neu besetzt, die Handlung veränderte sich zunächst nicht. Erst ein lichter Moment von Esswein und Pekhart, die sich per Doppelpass Platz verschafften, brachte etwas Erleichterung. Esswein tanzte im Strafraum noch Gibril Sankoh aus und traf dann ins lange Eck zum 1:0 (76.).

Dabei hatte es vergangene Woche für den U-21-Stürmer Esswein zunächst weniger gut ausgesehen. Sein Coach hatte ihn gegen Meister Borussia Dortmund aus dem Kader gestrichen. Doch jetzt scheint Esswein zurück. Sein zweiter Bundesliga-Anlauf könnte der entscheidende sein. Bereits von 2008 bis 2010 versuchte er sich im Fußball-Oberhaus. Beim VfL Wolfsburg kam er aber nur auf acht Kurzeinsätze. Bei Nürnberg ist er auf dem Weg zu einer festen Größe. Denn seine Denkpause gegen Dortmund hat ihm geholfen, wie er sagt: „Ich war danach sehr motiviert, habe im Training Gas gegeben und bin froh, reingekommen zu sein."

Trainer Hecking war sowieso stolz auf seine Bubi-Truppe. Die Startelf hatte ein Durchschnittsalter von 23,45 Jahren. „Die Jungen müssen die Fahne hochhalten“, meinte er, „Kompliment.“ Den geringen Unterhaltungswert nahm er in Kauf: „Wir wollen auch mal 4:3 gewinnen – ein Feuerwerk. Aber unter dem Strich stehen drei Punkte, das ist wichtig.“

Auch Augsburg ist in der Bundesliga angekommen – und zwar im Abstiegskampf. „Wir passen einmal nicht auf – und Esswein macht ein Supertor. Es war mehr drin“, kommentierte Torwart Simon Jentzsch frustriert. Die Aufstiegseuphorie ist nach der zweiten Niederlage verflogen. „Wir müssen Lehrgeld zahlen“, stöhnte Jos Luhukay. Nach der zweiten Pleite in Serie befürchtet der Trainer bereits einen mentalen Knacks: „Wir dürfen nicht den Glauben verlieren“, sagte der Holländer am Samstag beinahe beschwörend.

Das „Vergnügen“ des ersten Bundesligasieges müsse sich schnellstens einstellen. Aber wie? Den Ausfall beider Außenverteidiger steckte der Liga-Neuling defensiv noch einigermaßen weg. Aber offensiv ist der FCA kaum erstligatauglich. Sascha Mölders, der alle drei Saisontore erzielt hat, war als Alleinunterhalter in Nürnberg überfordert. Luhukay schlug kurz vor Ablauf der Transferfrist an diesem Mittwoch Alarm. „Nach vorne fehlt uns einfach die letzte Qualität“, sagte er.

Um einen „Joker“ wie Esswein beneidete er den Kollegen Hecking. „So einen Spieler haben wir nicht auf der Bank, den wir einwechseln können. Darüber bin ich traurig.“ Man sei „im Markt unterwegs“, berichtete Rettig. Aber einen dicken Fisch werde der Bundesligist mit dem geringsten Etat (30 Millionen Euro) nicht an Land ziehen können, betonte der Manager: „Wir können nur zum Studententarif einkaufen.“ Vielmehr ärgerte Rettig der aus seiner Sicht unnötig verschenkte wertvolle Auswärtspunkt: „Das war ein typisches 0:0-Spiel – nur muss man dann auch 0:0 spielen.“

Wenn man es freundlich betrachtet, hatte sich Nürnberg für seine Geduld belohnt. Jetzt darf man beim Club doch einigermaßen entspannt in die Länderspielpausen gehen, in zwei Wochen folgt der Auftritt beim 1. FC Köln. „Unterm Strich zählen für mich die drei Punkte“, sagte Hecking.

 

Weil es so schön war, hier nochmal der Ticker vom 1:0-Sieg gegen Augsburg zum Nachlesen: Liveticker.

 

1. FC Nürnberg: Rakovsky - Chandler, Wollscheid, Klose, Pinola - Simons - Hegeler (Mendler, 73.), Wießmeier (Maroh, 84.), Cohen, Eigler (Esswein, 60.) - Pekhart

FC Augsburg: Jentzsch - Callsen-Bracker, Sankoh, de Roeck, Davids - Hosogai (Reinhardt, 81.), Sinkala - M. Ndjeng (Gogia, 61.), Baier (Kapplani, 81.), Bellinghausen - Mölders