Dramatische Folgen: Modeindustrie im Corona-Notstand

23.3.2020, 13:37 Uhr

Die Textilbranche in Deutschland fordert in der Corona-Krise Staatshilfe. Hugo Boss braucht derweil einen neuen Chef. © Bernd Weißbrod/Archiv (dpa)

"Unsere Lieferketten sind zusammengebrochen. Viele unserer Unternehmen sind in einem Ausnahmezustand", sagte Ingeborg Neumann, Vizepräsidentin des Industrieverbands BDI und Gesamtpräsidentin der deutschen Textil- und Modeindustrie, der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung. Kurzarbeitergeld hätten viele schon beantragt, jetzt seien Direkthilfen nötig.


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Das Bundeskabinett will umfassende Maßnahmen auf den Weg bringen. Geplant ist unter anderem ein milliardenschweres Programm mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen, Solo-Selbstständige und freie Berufe. Außerdem ist ein Rettungsfonds geplant, der auch die Beteiligung des Staates an Großunternehmen ermöglichen soll. Bei Kredit-Sonderprogrammen für kleine und mittlere Firmen sind Nachbesserungen bei Haftungsregelungen angekündigt worden.

Der Passauer Neuen Presse sagte Neumann: "Wie sollen kleine und mittlere Unternehmen Kredite aufnehmen, wenn sie überhaupt keine Aufträge haben, aber die Kosten weiterlaufen?" Die Banken bewerteten nach überholten Kriterien. "Wenn es hier ganz kurzfristig keine Direkthilfen gibt für Unternehmen bis mindestens 100 Beschäftigte, gehen viele unserer Betriebe in die Knie", sagte sie der Rhein-Neckar-Zeitung. Zudem forderte sie Steuersenkungen und einen Aufschub bei der CO2-Bepreisung. "Wir werden keine andere Wahl haben, sonst schaffen wir das nicht."

Warnung vor Unruhen in Bangladesch

Kritisch ist die Situation auch in Bangladesch, einem der wichtigsten Produktionsländer der Textilbranche. Weltweit führende Textilfirmen haben dort bei mehr als 1000 Fabriken Aufträge im Wert von rund 1,5 Milliarden US-Dollar (1,4 Milliarden Euro) ausgesetzt oder storniert. Als Grund hätten die Firmen angegeben, dass ihre Läden wegen der Pandemie des neuartigen Coronavirus geschlossen seien, sagte die Chefin der Vereinigung der Textilproduzenten von Bangladesch, Rubana Huq, der Deutschen Presse-Agentur.



Bangladesch ist nach China der größte Textilproduzent der Welt mit knapp 4000 Fabriken und vier Millionen Arbeiterinnen - vorwiegend Frauen.

Die Vereinigung warnte nun Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in einem der dpa vorliegenden Brief, dass Fabriken wegen der Stornierungen viele Arbeiterinnen nicht mehr bezahlen könnten, was zu größeren sozialen Unruhen führen könnte. "ch bin mir sicher, dass keine deutsche Marke möchte, dass das ihretwegen passiert", heißt es in dem Brief.

Huq bat Müller, deutsche Firmen dazu aufzurufen, ihre Bestellungen aus Bangladesch nicht zu stornieren. "Während Geschäftsleute in Deutschland angesichts ihrer Verluste Unterstützung von der Regierung erhalten, haben wir hier existenzielle Probleme und müssen unsere Arbeiter bezahlen." Huq sagte, dass ihre Vereinigung auch Ministern anderer Länder ähnliche Briefe schreiben werde.

Hugo Boss braucht neuen Chef

Der Modehändler Hugo Boss muss sich unterdessen einen neuen Chef suchen. Der Vorstandsvorsitzende Mark Langer werde zum 30. September dieses Jahres aus dem Gremium ausscheiden, teilte das MDax-Unternehmen am Montag in Metzingen mit. Die Entscheidung sei in gegenseitigem Einvernehmen getroffen worden. Allerdings werde Langer aufgrund der Schwierigkeiten infolge der Coronavirus-Pandemie Hugo Boss auch nach seinem Ausscheiden bis zum Jahresende beratend zur Verfügung stehen. Er gehörte dem Konzern seit vielen Jahren an und hatte den Posten des Vorstandschefs 2016 übernommen. 

Das Unternehmen hatte erst vor wenigen Tagen seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr kassiert. Wegen des neuartigen Coronavirus bleibe der Großteil der eigenen Geschäfte sowie die Läden Dritter geschlossen. Wie sehr die Virus-Krise Umsatz und Gewinn beeinträchtige, sei aktuell noch nicht abschätzbar, so Hugo Boss.


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