Kommentar zur Krise: Corona trifft die Schwachen
23.3.2020, 10:28 UhrMan hört es dieser Tage immer wieder: So schlimm die Corona-Krise auch sei, habe sie doch etwas Gutes. So viel Zeit habe man lange nicht mehr mit der Familie verbracht, zusammen zu Hause. Endlich könne man sich um Haus oder Wohnung kümmern und den frühlingsblühenden Garten genießen.
Die verordnete Entschleunigung kann gut tun und bewusst machen, was wirklich wichtig ist: Familie, das Zusammensein. Doch: Es ist eine privilegierte Sichtweise. Teilen können sie längst nicht alle. Die Corona-Krise wird die soziale Spaltung verschärfen, sie trifft primär die Schwachen der Gesellschaft.
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Es gibt in unserem Land Millionen Menschen, die in einer deutlich weniger komfortablen Situation als oben beschrieben leben: Rund sieben Millionen sind auf soziale Mindestsicherung angewiesen: Die Meisten von ihnen beziehen Hartz IV, darunter fallen aber auch Asylbewerber und Menschen, die im Alter finanziell nicht allein über die Runde kommen. Dazu kommen die Männer und Frauen im Niedriglohnsektor, die mit ihrem Gehalt gerade so leben können.
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Beengte Wohnverhältnisse
All diese Menschen werden von den Einschränkungen hart getroffen - das fängt bei der Wohnsituation an. Sie leben in der Regel in beengten Verhältnissen, die Ausgangsrestriktionen sind da nur schlecht auszuhalten. Vater-Mutter-Kind, zwei Zimmer, Spielplätze sind geschlossen, das Schwimmbad auch. Die Abwechslung ist der Spaziergang im Park. Er ist, zum Glück, noch erlaubt. Oder stellen Sie sich die Enge in einer Asylbewerberunterkunft vor - ohne Möglichkeit auszuweichen? Da ist Stress programmiert.
Für die sozial Schwachen der Gesellschaft bringt die Krise auch mittel- und langfristig Einschnitte: Die Bundesregierung rechnet mit über zwei Millionen Kurzarbeitern, viele Unternehmen werden die Krise wohl nicht überleben. Es wird eine Rezession in Deutschland und weltweit geben, Ökonomen sind sich nur noch nicht darüber im Klaren, wie massiv sie ausfallen wird. Wer ohnehin kaum über die Runden kommt, für den wird das existenzgefährdend.
Grundeinkommen für alle?
Für Bezieher von Hartz IV oder anderen Leistungen wird es noch schwieriger, einen Job zu finden. Gleichzeitig wird die Zahl der Arbeitslosen steigen, die der Armutsgefährdeten insgesamt zunehmen. Das Bundesarbeitsministerium erwartet 1,2 Millionen zusätzliche Bezieher der Grundsicherung im Alter.
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Schon werden Rufe nach Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens laut. Dabei bietet der Sozialstaat ein gutes, ein wichtiges Netz. Die Bundesregierung muss ihr gesamtes Instrumentarium nutzen, damit nicht zu viele durch die Maschen fallen. Erste Ansätze (Ausweitung Kurzarbeitergeld, Zuschüsse für Kleinstgewerbe, Lockerung der Hartz IV-Regeln) sind da. Reichen sie nicht aus, müssen weitere Maßnahmen folgen.
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