Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

27.11.2014, 07:44 Uhr
Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

© Foto: Weigert

Im kommenden Frühjahr erscheint die Festschrift zum Kirchenjubiläum, herausgegeben wird sie von der Kraftshofer Kirchengemeinde und dem Verein Altnürnberger Landschaft, dessen Vorsitzender Bertold Freiherr von Haller ist. Themen sind die Patronatsfamilie Kress, die Kunstwerke im Kircheninneren oder all die Geistlichen, die seit dem 15. Jahrhunderte in Kraftshof predigten.

Bertold von Haller schreibt einen Überblick über die Jahre zwischen 1315 und 1943, als die Kirche, von Bomben getroffen, niederbrannte. Der Freiherr ist Historiker, er schrieb mit am Nürnberger Stadtlexikon. Als Eigentümer des Großgründlacher Schlosses warf er gerne einen Forscherblick auf das benachbarte Kraftshof. Und fand im Nürnberger Stadtarchiv Überraschendes.

Falsche Gerüchte

Bis heute erzählen viele in Kraftshof, dass das alte Patriziergeschlecht Kress von Kressenstein 1315 den Kraftshofern die Kirche gestiftet habe. „Das stimmt nicht“, sagt Bertold von Haller. Er geht davon aus, dass die Kress selber das Gerücht streuten, die Wehrkirche als Grablege ihrer Familie erbaut zu haben. „Das nahmen sie als Argument für sich her, als sie sich um das Kirchenpatronat bemühten.“ Bekommen haben sie es erst 1781.

Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

Die Kress erwarben 1403 den Herrensitz in Kraftshof und entwickelten ein großes Interesse an der Kirche. Kraftshof war damals keine eigene Pfarrei, sondern eine Filiale der Pfarrkirche in Poppenreuth. Weil sich der dortige Pfarrer nur selten in Kraftshof blicken ließ, stifteten 1420 die Gläubigen von dort und aus den fünf Dörfern Neunhof, Boxdorf, Buch, Almoshof und Lohe, die sich alle in der Kraftshofer Kapelle zum Gebet trafen, jährlich 30 Gulden für einen eigenen Pfarrer. „Nürnbergs Dörfer waren vergleichsweise wohlhabend, die Patrizier verdienten gut am Handel und mussten die Bauern nicht auspressen“, so von Haller.

Die Kress hatten seit circa 1430 die Oberaufsicht über die Gemeinde. Daran waren keine finanziellen Verpflichtungen gekoppelt, doch sie stifteten freiwillig einiges für das Gotteshaus. Etwa den Leonhardsaltar, die Georgsfigur des Hauptaltars und die Marienfigur, die als Einziges vom nördlichen Seitenaltar erhalten ist.

Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

Schon 1438/40 ließ Friedrich von Kress das Kirchenschiff verbreitern und nach Westen verlängern. Aus Anlass des Jubiläums wurde die Kirche im Auftrag der Gemeinde restauratorisch begutachtet. Tatsächlich fanden sich „kleine Reste des Ursprungsgebäudes“, sagt von Haller. „Rechts vom Eingang sieht man von außen eine senkrechte Baunaht, sie markiert die schmalere Ausdehnung der Kirche vor der Erweiterung 1438.“

Auch der Wehrgang wurde untersucht. Herbert May, Leiter des Freilandmuseums Bad Windsheim, gelang es, Balken auf 1511/12 zu datieren. „Das passt zu der bisherigen Erkenntnis, dass der Kirchhof ab 1505 gebaut wurde“, erklärt von Haller. Eine Pestepidemie, die angeblich in Kraftshof 900 Tote forderte, machte eine Erweiterung nötig. Von Haller hält die überlieferte Zahl von Toten aber für übertrieben, „das wären 80 bis 90 Prozent der Kraftshofer gewesen!“

Haller befasste sich auch mit der Frage, warum zwei Brüder der Kaufmannsfamilie Scheurl mit Wappen an der Vorhalle der Kirche vertreten sind. „Sie sponserten anscheinend den Vorbau und durften dafür ihre Wappen anbringen.“

Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

© F.: Bischof & Broel

1525, mit Einführung der Reformation, wurde die Kraftshofer Pfarrei eigenständig. Bald trat die Unsitte ein, dass Marktleute während der Gottesdienste ihre Waren anboten. Der Nürnberger Rat forderte 1532, dass dies aufhören müsse. Überwachen sollte das Schlossherr Christoph Kress. Er ist eine wichtige historische Figur, vertrat er doch Nürnberg bei den Reichstagen der Reformationszeit. Er wurde 1535 in der Kirche begraben, ein Marmor-Denkmal erinnert an ihn.

Wehr der Bauern

Wie der Name schon sagt, dient eine Wehrkirche der Verteidigung. Anders als Städte hatten Dörfer im Mittelalter nicht das Recht, Befestigungsanlagen zu bauen. Der einzige Ausweg: Der größte Hof des Dorfes – der Kirchhof – wurde ummauert.

Wehrkirche in Kraftshof trotzte fast allen Kriegen

Ob im bayerischen Erbfolgekrieg 1504/ 1505, im Zweiten Markgrafenkrieg oder sogar noch im Dreißigjährigen Krieg: die Bauern verteidigten das Dorf vom Wehrgang aus. Dass die Kraftshofer Kirche auch den Zweiten Markgrafenkrieg überstand, hat sie Helena, der Witwe von Christoph Kress, zu verdanken. Die Markgrafen brannten fast alle Kirchen nieder. Doch Helena zahlte dem „Brandmeister“ 150 Taler und kaufte das Dorf mit Herrensitz und Kirche frei.

In der Nacht zum 26. Februar 1943 wurde die Kirche bombardiert und brannte nieder. Pfarrer Hans Freymann konnte die Marienstatue retten, ein Konfirmand schaffte den Deckel des Taufbeckens ins Freie. „Die Gemeinde hatte bereits Kunstschätze im Chorraum in Sicherheit gebracht“, sagt von Haller. Der rechte Seitenalter des Heiligen Leonhard wurde so gerettet.

Der Wiederaufbau dauerte sechs Jahre, ermöglicht durch eine Spende des amerikanischen Zweigs der Familie Kress. Sie soll 250 000 Mark gegeben haben. „Heute wären das mehrere Millionen Euro“, so von Haller. Im August 1952 wurde die Kirche neu geweiht – in Anwesenheit von Rush Kress, der aus New York anreiste.

Auch das 700-jährige Jubiläum verfolgen Teile der Familie Kress mit Interesse. Ihr Weg nach Kraftshof ist nicht so weit, müssen sie doch nur aus Schweinfurt anreisen.

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