28. April 1970: Sachverständige warnen Dürer Werk nach Nürnberg zu bringen

28.4.2020, 07:59 Uhr
Das Dürer-Kuratorium tagt. Es spricht der Oberbürgermeister. Links neben ihm Ministerpräsident Alfons Goppel. Davor NN-Verleger Heinrich G. Merket. Neben dem bayerischen Regierungschef Kulturreferent Dr. Glaser und Bürgermeister Franz Haas.

© Kammler Das Dürer-Kuratorium tagt. Es spricht der Oberbürgermeister. Links neben ihm Ministerpräsident Alfons Goppel. Davor NN-Verleger Heinrich G. Merket. Neben dem bayerischen Regierungschef Kulturreferent Dr. Glaser und Bürgermeister Franz Haas.

Er müsse sich, so sagte er vor dem Dürer-Jahr-Kuratorium, den Einsichten der Sachverständigen beugen, die dringend davor gewarnt hätten, das Werk Dürers von seinem jetzigen Platz in der Münchner Pinakothek wegzunehmen.

Kulturreferent Dr. Hermann Glaser hatte darauf hingewiesen, daß der Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum 500. Geburtstag des größten Sohnes der Stadt eine Dürer-Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum mit Leihgaben aus aller Welt sein soll. An sich habe Dürer die Apostel ausdrücklich seiner Vaterstadt vermacht. Wenn die Bilder nicht wenigstens für ein Jubiläum kurzfristig als Leihgabe an "ihren Bestimmungsort" zurückgehen würden, müßte dies in Nürnberg schmerzliche Empfindungen hervorrufen.

Goppel referierte, daß das bayerische Kultusministerium drei Gutachten auswärtiger Sachverständiger eingholt habe, die zu dem Ergebnis kamen, daß eine Ausleihe der Apostelbilder auch unter Berücksichtigung der neuesten Ergebnisse der Technik auf keinen Fall verantwortet werden könne. Der Zustand der beiden Bilder sei so schlecht, daß bereits beim Abhängen nicht mehr gutzumachende Schäden eintreten könnten.

Da jedes der beiden Bilder aus einer Anzahl zusammengeleimter Holztafeln bestehe, hätten sich an den Fugen der einzelnen, ständig arbeitenden Bretter, Farbrisse gebildet. Besonders beunruhigend sei der Umstand, daß seit dem Jahr 1962, als die Bilder vor den jetzt durchgeführten Untersuchungen zum letzten Male aus ihren Rahmen genommen wurden, neue Schäden aufgetreten seien.

Um das "besondere Wohlwollen des Freistaates Bayern" gegenüber der Nürnberger Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen, habe sich das Kultusministerium entschlossen, trotz auch hier bestehender "erheblicher konservatorischer Bedenken" zuzustimmen, daß sechs unter genereller Ausleihsperre stehende Gemälde Dürers von den bayerischen Staatsgemäldesammlungen zur Verfügung gestellt würden.

Wie Goppel ausführte, handele es sich dabei um das berühmte Selbstbildnis, um das Triptychon des Oswolt Krel, ferner um die Porträts von Jakob Fugger und Hans Dürer sowie um die Gemälde "Madonna mit der Nelke" und "Schmerzensmutter".

Das Entgegenkommen des Freistaates Bayern sei um so höher zu bewerten, als andere Museen – etwa das Kunsthistorische Museum Wien – sich von vornherein strikt ablehnend verhalten oder, wie die Berliner Museen, nur ein kleines, relativ unbedeutendes Gemälde (Porträt Muffel) angeboten hätten. Selbst für dieses Gemälde betrage der Versicherungswert 15 Millionen Mark.

Kosten 2,2 Millionen DM

Goppel versicherte nochmals, daß der Freistaat Bayern beim Dürer-Jahr "neben der Stadt Nürnberg steht". Das beziehe sich auch auf die Kosten für die Dürer-Ausstellung, die ursprünglich mit 600 000 Mark veranschlagt waren, mittlerweile aber auf 2,2 Millionen Mark geklettert seien.

Der Freistaat Bayern sei bereit, die Kostendrittelung zwischen der Stadt, dem Land und dem Bund auch in der neuen Höhe – das heißt mit 735 000 Mark – hinzunehmen. Dr. Glaser hatte erklärt, daß die Versicherungssummen für die bis jetzt zugesagten Leihgaben bereits eine Höhe von 600 Millionen Mark erreicht hätten mit einer Prämie von 1,2 Millionen Mark.

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