1981: Prachtexemplare zogen ins Schloss

26.11.2011, 14:24 Uhr
1981: Prachtexemplare zogen ins Schloss

© amw

Der damalige Oberbürgermeister Kurt Scherzer über-reichte den Schlüssel zum Museumstrakt an Archivdirektor Emil Ammon. Dieser hatte als Leiter von Stadtarchiv und Stadtbibliothek auch das Stadtmuseum geplant und realisiert.

Bei seinem Dienstantritt 1970 fand er die städtischen Sammlungen noch im Zustand eines „trostlosen Kuriositätenlagers“ vor: das Fürther Museumsgut stapelte sich zwei bis drei Meter hoch ungeordnet und in teils desolatem Zustand im größten Raum des ehemaligen Burgfarrnbacher Sitzes der Grafen von Pückler-Limburg. Die FN berichteten von einem „langen Leidensweg“ der „Zeugnisse der heimischen Historie, Kultur und gewerblichen Entwicklung“.

Das erste „Städtische Heimatmuseum“ der Kleeblattstadt befand sich von 1938 bis 1945 im alten Krankenhaus an der Schwabacher Straße. Bereits während des zweiten Weltkrieges waren dann die wertvolleren Objekte des Museums teils auf dem Land gelagert, teils im Keller der Stadtsparkasse geborgen.

Nach Kriegsende musste das gesamte Gebäude geräumt werden, es wurde als Altersheim für Heimatvertriebene benötigt. Jetzt begann eine abenteuerliche Odyssee der musealen Sammlungen: Berolzheimerianum, städtische Dachböden und das alte Geleithaus in der Königstraße waren die Stationen ohne öffentliche Präsentationsmöglichkeit.

Ein Teil der Bilder wanderte gar als Wandschmuck in die Amtszimmer der Behörden. Zwar hatte der Stadtrat bereits 1962 die Einrichtung eines neuen städtischen Museums beschlossen, doch mangels eines geeigneten Gebäudes ließ sich dieses Ziel nicht umsetzen.

1981: Prachtexemplare zogen ins Schloss

© Meyer

Erst mit dem Kauf des Burgfarrnbacher Ensembles 1968 war endlich ein Domizil für die Schätze der Stadtgeschichte gefunden. Aufgrund der notwendigen Renovierungsarbeiten setzte sich die Wanderung allerdings innerhalb des Schlosses fort. Erst nach Fertigstellung der Magazinräume konnten die Objekte der Sammlung gesichtet werden.

„Der Kampf gegen Staub und Schmutz, Rost und Grünspan, Schimmel und Holzwurm begann“. Mit enormem Aufwand wurden wertvolle Gemälde und Prachtexemplare Fürther Handwerkskunst restauriert, die Exponate katalogisiert und ergänzt, Räumlichkeiten und Struktur der Dauerausstellung konzipiert.

Es war ein Glücksfall, dass OB Scherzer seinem ehemaligen Schulfreund Emil Ammon im Schloss freie Hand ließ und die Stadt Fürth sowie das Landesamt für Denkmalpflege ausreichend finanzielle Mittel bereitstellten. In mühevoller Kleinarbeit, unterstützt von seiner Gattin Liselotte, verwirklichte der Archivdirektor seine Idee von einem stadtgeschichtlichen Museum, das den Aufstieg Fürths vom Marktflecken zur Industrie- und Handelsstadt dokumentiert.

Keinesfalls sollte ein Heimatmuseum mit ländlichem Einschlag entstehen, denn „unter klassizistischen Decken konnte man nicht gut Dreschflegel an die Wand hängen, auf Parkettfußböden keine Werkstätten einrichten“ begründete Emil Ammon später den Entschluss. Am Ende stand als Ergebnis seines „Lebenswerkes“ die gelungene Darbietung wertvoller Zeugnisse der Stadt- und Kulturgeschichte nebst der sehenswerten Präsentation heimischer Kunstwerke.

Besondere Vielfalt

Das neue Stadtmuseum umfasste elf der 70 Räume des Schlosses – Stadtarchiv und Stadtbibliothek sind ebenfalls hier untergebracht – und zeichnete sich besonders durch seine Vielfalt aus. Die historische Entwicklung wurde ebenso beleuchtet wie die Geschichte des Handwerks und der frühen Industrie mit den Hauptstützen Goldschlägerei, Spiegelfertigung und Spielwaren.

Alte Stadtansichten, ein Miniaturmodell der ehemaligen Altstadt um den Gänsberg, das Modell des ersten dampfbetriebenen Fürther Kirchweihkarussells gaben Einblick in die Alltagsgeschichte. Eigene Räume waren Fürther Originalen und der „Michaeliskerwa“ gewidmet. Eine Bibliothek, Grafiksammlungen und Gemäldeausstellungen Fürther Künstler rundeten das Angebot ab.

So konnte der damalige Kulturreferent Karl Hauptmannl am Eröffnungstag festhalten: „Fürth hat mit diesem Stadtmuseum eine würdige, qualitätsvolle und zeitgemäße Selbstdarstellung gefunden.“ Doch das Schloss blieb ein „Raumschiff mit Handmixer-Antrieb“ wie die Fürther Nachrichten feststellten und nach 25 Jahren verblasste der Glanz des einstigen Aushängeschildes.

Aufgrund drastisch gesunkener Besucherzahlen fand Ende 2006 die letzte Museumsführung in Burgfarnbach statt. Der amtierende OB Thomas Jung plädierte unter dem Motto „Ein Stadtmuseum gehört in die Stadt“ für den Umzug in das sanierte Schulhaus an der Ottostraße. Dort öffnete 2010 eine neu konzipierte, moderne Dauerausstellung ihre Türen – benannt nach dem Fürther Ottoschul-Zögling und „Vater des Wirtschaftswunders“: Stadtmuseum Ludwig Erhard.

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