SPD mit Polizeischutz, Bürger ohne r

28.7.2007, 00:00 Uhr
SPD mit Polizeischutz, Bürger ohne r

© André de Geare

Die Aufnahmeprüfung hat Dietsch mit Bravour bestanden, legte er sich als wackerer Kritiker der Polizeireform doch mit CSU-Kronprinz Beckstein an. Die Reform, versichert Dietsch, sei aber nicht der Auslöser für seinen SPD-Eintritt gewesen. Die Zirndorfer Sozialdemokraten möchten den pensionierten Poli gerne in den Kreistag schicken. Dietsch selbst ist nicht scharf auf ein Amt, sträubt sich aber auch nicht: «Wenn ich etwas anpacke, dann richtig. Sieht nach einem ziemlich unruhigen Ruhestand aus.» VOLKER DITTMAR

Bewegte Zeiten erlebt momentan auch der Fürther Stadtrat. So bewegt, dass manche kommunalpolitische Kraft nicht mehr weiß, wo ihr der Kopf steht. Das ist aber auch alles verwirrend: Wer gehört jetzt nicht mehr zur CSU? Und wer zu welcher Liste? Und wie hieß gleich noch mal die eigene Gruppierung?

Letzteres dürfte sich vor allem Heidi Lau fragen, und man kann es verstehen: Denn allzu lebendig wirkte die von ihr einst im Widerstand gegen die Mülloper am Hafen aus der Taufe gehobene «Bürgerliste» zuletzt nicht mehr. Man fragte sich, wer außer Lau und ein paar unerschütterlichen Getreuen eigentlich noch für die Bürgerliste stand.

Gut möglich, dass die Einzelstadträtin deshalb in der jüngsten Sitzung des Kommunalparlaments ein Schild vor die Linse des FN-Fotografen hielt, das sie als Vertreterin der «Bügerliste» auswies. Vielleicht ist der Rechtschreib-Lapsus mit dem fehlenden «r» aber auch der Hast geschuldet, mit dem da ein neues Freie-Wähler-Bündnis aus christsozialen Poltergeistern und Bürgerliste-Restposten geschmiedet wurde.

Noch mehr Verwirrung wollte Oberbürgermeister Thomas Jung vorbeugen, der von der Bildung der neuen Drei-Köpfe-Fraktion ebenso überrascht wurde wie der Rest des Hauses. Jung bat inständig darum, man möge es ihm doch jetzt gleich mitteilen, wenn weitere Parlamentarier die Absicht haben, noch rasch die Fronten zu wechseln. Sonst nämlich kann der Stadtrat in jeder verbleibenden Sitzung dieser Periode Mandate für die Ausschüsse neu verteilen. Und das dauert.

Aber bestimmt nicht so lang wie die Vorbereitung auf die letzte Sitzung des Stadtrats vor der Sommerpause. 39 Tagesordnungspunkte umfasste der öffentliche Teil, ein nicht öffentlicher schloss sich an; sechs Zentimeter hoch war der Stapel mit den zugehörigen Unterlagen, den die Stadträte fünf Tage zuvor erhalten hatten. Damit, empörte sich CSU-Chef Joachim Schmidt, sei «die Grenze des Zumutbaren» erreicht. Kein ehrenamtlich tätiger Stadtrat, der einem Beruf nachgehe, könne sich da noch ordentlich vorbereiten.

Fünf Kollegen aus dem Plenum hatten das offenbar genauso gesehen und waren erst gar nicht erschienen. Vielleicht sind sie aber auch nach nächtelangem Studium der Dokumente entkräftet zusammengesunken. WOLFGANG HÄNDEL