Mehr Zeit und Zuwendung für Menschen an ihrem Lebensende

11.3.2019, 20:50 Uhr

Ein schwer kranker 81-jähriger Mann nimmt sich das Leben aus Angst davor, in der hektischen Routine eines Pflegeheimes allein einen unwürdigen Tod sterben zu müssen. Für Dr. Josef Hell war das das Schlüsselerlebnis, um im hauseigenen Hospiz ein Modell zu starten zur besseren Betreuung am Lebensende. Der Palliativmediziner, ausgebildete Altenpfleger und Geschäftsführer des Anna-Hospizvereins in Mühldorf am Inn ist sich sicher, dass Sterbende keine Beruhigungsmittel benötigen, sondern jemanden, der Zeit für sie hat. Und die verschafft "Zeitintensive Betreuung im Pflegeheim" (ZiB).

Seit kurzem setzen in Nürnberg, koordiniert vom Hospiz-Team Nürnberg, drei Pflegeheime das Konzept um: das Käthe-Hirschmann-Heim, das Seniorenzentrum Martha-Maria und das Sebastianspital im Nürnberg-Stift. Damit hat jedes von ihnen pro Monat 60 Stunden mehr Zeit für die Betreuung sterbender Bewohner. Für diese Aufgabe werden zwei, für die Arbeit mit schwer kranken und sterbenden Menschen besonders qualifizierte Pflegekräfte freigestellt.

Somit können sie sich in aller Ruhe auf die Bewohner, die in ihrer letzten Lebensphase sind, konzentrieren. Am Lebensende benötigen die Menschen mehr Zeit für alles; und dafür reicht der Stellenschlüssel im Heim in der Regel nicht aus. ZiB ermöglicht es der Fachkraft, bei der Grundpflege beispielsweise eine kleine entspannende Massage einzuflechten oder die Haare etwas länger behutsam zu bürsten. Auch kann der Bewohner in Muße seinen Bedürfnissen entsprechend essen und hat einen Gesprächspartner, der ganz ohne Eile ist.

Die Nürnberger ZiB-Kräfte sind sich einig: "Bei diesem Projekt können wir das, wofür wir ausgebildet worden sind, eins zu eins umsetzen." Und es strahlt jeweils auf das ganze Haus aus. Menschen in der letzten Phase ihres Lebens intensiv versorgt und begleitet zu wissen, gibt allen Beteiligten ein gutes Gefühl.

Die Fachkräfte sind bei ihrer jeweiligen Einrichtung angestellt und außerdem für 20 Stunden im Monat geringfügig beschäftigt beim Hospizverein. Für ZiB stellt sie das Pflegeheim zehn Stunden pro Monat frei. "Das Modell ist Anreiz für Pflegekräfte, die in Teilzeit arbeiten, ihre Stunden aufzustocken", stellt Dirk Münch vom Hospiz-Team fest.

In Bayern beteiligen sich derzeit sechs lokale Projektträger an ZiB, wobei jeder Hospizverein mit drei Pflegeheimen zusammenarbeitet. Die Finanzierung aus Spenden ist für ein Jahr gesichert. Dr. Hell appelliert an die Politik, die Freistellung von Palliative-Care-Kräften Regelversorgung werden zu lassen. Der Sterbeprozess erstrecke sich im Allgemeinen über 21 Tage – Gesamtkosten: 600 bis 800 Euro. Hochgerechnet auf ganz Bayern seien das 30 Millionen Euro pro Jahr.

Spendenkonto: Hospiz-Team Nürnberg e. V. IBAN DE22 7605 0101 0006 6099 94 Sparkasse Nürnberg, Kennwort "ZiB"

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