Lichterzug in Erlangen: Brisanz falsch eingeschätzt

31.3.2019, 06:00 Uhr
Lichterzug in Erlangen: Brisanz falsch eingeschätzt

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Es sei, so wird festgestellt, von Anfang an ausschließlich um ein Zeichen der Mitmenschlichkeit gegangen – für die Flüchtlinge, "deren Tod auf dem Mittelmeer durch die europäische Öffentlichkeit leider nahezu teilnahmslos hingenommen wird". Man habe ein Zeichen der Erlanger Stadtgesellschaft getreu dem Erlanger Motto "Offen aus Tradition" setzen wollen, einen Beitrag der Mitmenschlichkeit.

Es habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden, sich in das politische Tagesgeschäft einzumischen oder diesbezüglich Partei zu ergreifen. Allerdings war seit dem 9. Februar, nur drei Tage nach dem einstimmigen Beschluss des Vorstands, durch einen Artikel in den EN bekannt gewesen, dass es zu dem Schreiben der Stadtspitze an die Bundeskanzlerin – was man durchaus als politisches Tagesgeschäft werten kann – unterschiedliche Bewertungen im Stadtrat gegeben hatte. Dennoch fand der "Kerzen- und Lichterzug" zweieinhalb Wochen später statt – unter Anführung des Oberbürgermeisters und des Initiators Ernst Stäblein, Mitglied des Stiftungsrats.

Der Vorstand sei – so heißt es – fälschlicherweise von einer Zustimmung des Stiftungsrats ausgegangen. Ihm sei auch nicht bewusst gewesen, "in welchen Grenzen einige unserer Stifter und Spender das öffentliche Auftreten und die Hilfstätigkeit der Bürgerstiftung sehen wollen". Altmeppen und Fella verweisen auf die Selbstverpflichtung "Für Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt" des Bündnisses der Bürgerstiftungen Deutschlands, die ein Zeichen setze für die demokratischen Grundwerte und ein menschenwürdiges Miteinander. "Exakt dafür hat sich der Vorstand durch sein Votum einsetzen wollen." Diese Selbstverpflichtung hat der Bundesverband erst jüngst, im Dezember 2018 in Berlin, beschlossen.

Allerdings ist darin auch die lokale Betätigung mehrmals herausgestellt: "Vor Ort" solle das Miteinander gestaltet und weiterentwickelt werden, "vor Ort" das bürgerschaftliche Engagement gestärkt werden, "vor Ort" sollten Menschen zusammengebracht werden, "die gemeinsam unsere Gesellschaft und Demokratie mitgestalten wollen". Die unabhängigen, lokalen Akteure einer aktiven Zivilgesellschaft sollten bereit sein, "Mitverantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen".

Überparteilichkeit der Erlanger Bürgerstiftung verletzt

Viele Stifter sehen die Überparteilichkeit der Erlanger Bürgerstiftung verletzt, soll diese doch – nach Selbstdarstellung auf der eigenen Homepage – "ausdrücklich von jeglicher Einflussnahme durch staatliche Instanzen, politische Organisationen und einzelne Stifter frei sein" und die "Selbsthilfe der Erlanger untereinander nach dem Motto Bürger für Bürger fördern".

Die Stiftung werde sich weiterhin "wie auch in den 15 Jahren seit ihrer Gründung" politisch neutral verhalten. Der Auffassung, die Bürgerstiftung sei gespalten, wird entgegengetreten. Man setze auf ein gemeinsames Miteinander. Dazu dient auch "alsbald" ein konstruktiver Dialog mit den Stiftern.

Von Oberbürgermeister Siegfried Balleis ins Leben gerufen

2002 war die Bürgerstiftung vom damaligen Oberbürgermeister Siegfried Balleis ins Leben gerufen worden – mit dem Auftrag, Projekte aus den Bereichen Bildung und Erziehung, Jugend und Altenhilfe, Umwelt und Naturschutz, öffentliches Gesundheitswesen und Pflege internationaler Beziehungen zu fördern.

30 "Taufpaten" stellten sich als Gründungsstifter mit mindestens 5000 Euro Einlage zur Verfügung, 101 weitere sind inzwischen dazugestoßen. Gefördert wurden zahlreiche Maßnahmen von Erlanger Institutionen – ob Jugendclub oder Tagespflege, Klinikseelsorge oder Lebenshilfe, Sonderpädagogisches Förderzentrum oder Frauenhaus.

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