Rathaus: Ab jetzt fallen die Mauern

21.5.2019, 18:04 Uhr
Rathaus: Ab jetzt fallen die Mauern

© Foto: Roland Huber

Jetzt aber machen sich ein Pulverisierer, ein hydraulischer Hammer und eine hydraulische Riesenschere daran, den Trakt "herunterzubeißen", wie Lothar Sander, der Bauleiter der Firma F & R Abbruch aus dem saarländischen Neunkirchen, es ausdrückt. Will sagen: Das Gebäude ist in den vergangenen Wochen seit dem 11. März von innen in seinen Rohbauzustand zurückversetzt worden; seit gestern und wohl vier Wochen lang läuft der Abriss der Außenhülle.

Dabei wird schweres Gerät zartfühlend eingesetzt werden, so Silke Stadter und der städtische Projektleiter des Rathausbaus, Christian Natho. Es soll ja im dicht bebauten Stadtzentrum möglichst wenig Lärm und Staub die Anwohner belästigen. Und zudem darf kein Hammer das historische Schloss beschädigen.

Als Erstes werden dafür der Sitzungssaal-Anbau und der seitliche Anbau eingerüstet. Das ist nötig, so die Verantwortlichen, um die Fassadenverkleidung aus Kalksteinplatten samt der darunter liegenden Fassadendämmung sicher abzubauen. Sei dies erledigt, fallen die Mauern.

Dazu wird Spezialgerät eingesetzt. Übernächste Woche werden so ein 50-Tonnen-Bagger und ein so genannter Langfront-Bagger auf der Baustelle eintreffen. Letzterer hat einen 27 Meter langen Arm für Arbeit in großer Höhe.

Rathaus: Ab jetzt fallen die Mauern

Was gut ein halbes Jahrhundert lang den Bürgervertretern Raum für wegweisende Entscheidungen bot, wird als etwa faustgroße Mauerbrocken enden. So klein ist das Material, das von der Außenhülle übrig bleibt, wenn die Maschinen ihre Arbeit beendet haben.

Auch jene 25 Zentimeter starke Betonmauer wird so enden, auf deren Innenwand der Künstler Roland Lindenmann Herzogenaurachs Wahrzeichen in kubistischer Formensprache "verewigt" hat.

Warum aus dem Ewigen nichts wird, haben beim Rundgang auf der Baustelle die Verantwortlichen erneut dargelegt.

Nach den Argumenten des Planers Christian Schmidt vom Nürnberger Büro bss Architekten und Stadtplaner ist die Betonplatte, auf der Lindenmann einst malte, eine tragende Mauer. Auf ihr ruhe das Obergeschoss. Man müsste, sagt Schmidt, um das Bild zu bergen, diese Wand mit einem Nassschneidegerät wegschneiden, worauf das Obergeschoss zusammenbrechen würde.

Alle Möglichkeiten, so auch Silke Stadter, seien bereits vor eineinhalb Jahren durchgeprüft worden, auch zusammen mit der Denkmalschutzbehörde. Man wisse nicht, so Bauleiter Sander, wie man das Bild hätte retten können. Die Verwaltungsleute verwiesen auf die Dokumentation: Das Gemälde ist mit einer hochauflösenden Kamera fotografiert worden. Man könne es in Originalgröße abbilden.

Auch von dem, was nicht transportabel war, ist aus dem Innern des Gebäudes fast nichts übriggeblieben. Einzig die gravierten Fensterscheiben habe man ausgebaut und aufbewahrt, so Christoph Schmidt. Auch die Holzvertäfelungen gingen den Weg des Irdischen – 43 Tonnen Altholz kamen in die Verbrennung.

Etwa 8,5 Kilometer Elektrokabel, 5500 Tonnen mineralisches Abbruchmaterial, etwa 200 Fenster und 570 Leuchten sind in den vergangenen Wochen aus dem Gebäude entfernt worden. Die 17 Männer, die im Innern in versiegelten Räumen mit künstlichem Unterdruck gearbeitet haben, mussten großteils Schutzanzüge tragen. Es habe sich zwar sehr wenig Asbest gefunden, doch, so Lothar Sander, lungengängige Glaswolle "in jeder Wand".

Die Stadt hat zwei Webcams auf die Baustelle gerichtet. Auf ihrer Homepage, www.herzogenaurach.de, kann man den Abriss sozusagen mitverfolgen. RAINER GROH

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