13. Juli 1969: Frisch auf den Tisch

13.7.2019, 07:00 Uhr
13. Juli 1969: Frisch auf den Tisch

© NN

So groß das Sortiment an landwirtschaftlichen Erzeugnissen aber gerade auch ist – in der Ferienzeit und am Wochenende fehlen doch viele Kunden. Zufrieden sind die „gestandenen“ Frauen, in Reih' und Glied auf ihren Obstkisten sitzend, wenn es samstags kühl ist. „Dou werd kaft! Sunst foarhn die Leit alle fort!“

„Es gehört zur Tradition, daß die Knoblauchsländer nach Nürnberg kommen und ihre Ware anbieten“, sagt Bauernverbands-Direktor Heinrich Ermann, „aber der Umsatz ist uninteressant.“ Er verweist darauf, daß es für große Betriebe nicht mehr möglich ist, diese Verkaufsform zu pflegen; der wirtschaftliche Ertrag wäre zu gering.

Das bedeutende Marktgeschehen hat andere Dimensionen: Genossenschaften und Erzeugergemeinschaften bestimmen es auf dem Großmarkt. Doch die 65 Bäuerinnen weichen deshalb nicht von ihren Gewohnheiten ab. Dienstags, donnerstags und am Samstag fahren sie mit ihrer Ernte vom Acker auf die Standplätze vor der Frauenkirche. Sie wollen „Leben“ um sich haben – und die paar Verdienstpfennige nehmen sie eben mit.

Dabei ist die Kondition dieser Frauen in schmucker Tracht erstaunlich: um 4 Uhr früh hüpfen sie aus den Federn, richten die Bündel an „Pöiderla“, Kohlrabi, gelben Rüben, Blumenkohl und Salat zurecht, stapeln die Kisten auf den Anhänger irgendeines Vehikels und kurbeln über Schnell- und Langsamstraßen los.

13. Juli 1969: Frisch auf den Tisch

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Nach dem mühsamen Aufbau an Ort und Kopfpflasterstelle kann der Markttag beginnen. Und wenn noch kein Kunde „anbeißt“, können die Bäuerinnen, oft miteinander verschwägert und verschwistert, ein bißchen „schmarrn“. Das tun sie für ihr Leben gern. Und wenn die „Woar gor“ ist, holen sie die Münzen und. Scheine aus ihrem Lederbeutel – das wichtigste Zubehör überhaupt – und gehen in die Geschäfte, um einzukaufen. Die Mark rotiert.

Der Tag der Knoblauchsländer Bäuerinnen, Frauen mit Herz und Verkaufstalent, ist aber noch längst nicht zu Ende. Sie müssen auf dem Acker noch „krauten“, im Stall nach dem Rechten sehen, vespern und Geld zählen. Erst danach sieht sie das aufgeplusterte Bett wieder. Letzter Gedanke: in zwei Tagen ist wieder Markttag.

Katharina Pfann aus Almoshof ist die Seniorin auf dem Hauptmarkt. Sie bringt 86 Lenze auf die Lebenswaage – und ist seit ihrem fünften Geburtstag beim Gemüseverkauf dabei. Freilich begleitete sie damals ihre Mutter, und heute sagt sie: „Ich konn's nemmer lass‘n, regelmäßig nach Närnberch zu foahrn!“ Kerngesund und munter bestätigt sie: „Ich spring‘ nu heit wöi a Junge auf mein Bulldog, wenn‘s wieder hamgöiht!“

Sie sind alle gut beieinander, diese Frauen aus dem grünen Flachland vor der Stadt. Ihre Vorgängerinnen vor Jahrhunderten waren – was interessante Stiche beweisen – mit Schubkarren an die Pegnitz gekommen. Heute ist Benzin der Treibstoff, aber auch der Wunsch, nicht draußen vor der Tür zu stehen – und den müden Großstädtern die nötigen Vitamine zu bringen, direkt vom Feld.

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