8. August 1969: Polizei stellt Rauschgift für 250 000 Mark sicher

8.8.2019, 07:00 Uhr
8. August 1969: Polizei stellt Rauschgift für 250 000 Mark sicher

© Holzknecht

Gleichzeitig verhaftete sie drei junge Burschen bei ihrer Ankunft aus München im Hausflur einer Pension in der Eilgutstraße. Ein vierter Täter ist noch flüchtig. In dem Koffer, den die drei Festgenommenen bei sich hatten, befanden sich 20,5 Kilogramm Haschisch.

Die Nürnberger Kripo verständigte wenig später ihre Kollegen in München, die die Wohnungen der drei Verhafteten durchsuchten. Im Zimmer einer Kommune-Unterkunft fand man weitere 15 Kilogramm des Rauschgifts. Die Ermittlungen ergaben einwandfrei: beide Lieferungen stammten aus der gleichen Sendung.

Als Ursprungsland gibt die Polizei Afghanistan oder Nepal an. Wie das Rauschgift nach Deutschland gelangt ist, steht bisher noch nicht fest. Auch über die mutmaßlichen Abnehmer schweigen sich die drei Verhafteten bisher aus. Die Nürnberger Kripo wollte ihrerseits nicht solange warten, bis die jetzt Festgenommenen mit ihren Kunden in Verbindung getreten wären. Ein Sprecher im Polizeipräsidium: "In diesem Fall war uns der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach!"

Die Kripo hegte schon einige Zeit den Verdacht, bestätigt durch anonyme Tips aus der Unterwelt, daß eine neue große Sendung Haschisch nach Nürnberg geschafft werden sollte. Die Gesetzeshüter legten sich mehrere Tage lang an verschiedenen Stellen auf die Lauer. Jetzt wurde ihre Geduld belohnt.

Gegen 11 Uhr bog ein Wagen vom Typ Ford 12 M in die Eilgutstraße ein. Vor einer Pension hielt der Wagen an. Alle vier Insassen stiegen aus. Einer von ihnen trug einen offenbar sehr schweren braunen Lederkoffer. Während drei der Leute auf den Eingang der Pension zugingen, blieb der vierte im Bunde etwas zurück.

Die Kriminalbeamten wollten nicht länger warten und verhafteten die Kofferträger. Während sich das Trio widerstandslos festnehmen ließ, rannte der Vierte wie von Furien gehetzt davon. Die nachfolgenden Beamten holten ihn nicht mehr ein. Das Fahrzeug, ein Mietwagen aus München wurde sichergestellt.

Im Polizeipräsidium wurde der Lederkoffer geöffnet. Unter einem Lederkissen, das wahrscheinlich den süßlichen Geruch des Rauschgiftes dämpfen sollte, lagen sauber gebündelt 10 Pakete Rauschgift, jedes zwischen einem und zwei Kilogramm schwer. Und dazwischen, ebenfalls als "Geruchtöter" Wolle afghanischer Schafe.

Die Haschischplatten, die schwarzen Schuh-Gummisohlen ähneln, waren zunächst in arabische Zeitungen, dann in Plastikbeutel verpackt und fest mit Leukoplast verklebt.

Illegale Rauschgifthändler bedienen sich in den Anbauländern der Cannabis-Pflanzen einer recht seltenen Art der Ernte. Sie schicken Leute in Lederjacken durch die Plantagen, in denen Indisch-Hanf angepflanzt wird. An den Jacken bleibt das begehrte Harz hängen, das später abgekratzt und in bestimmte Formen gepreßt wird. Fast jedesmal stößt die Nürnberger Kripo bei derartigen Haschischplatten auf mit Gold eingeprägte Stempel, die bisher immer Sprüche aus dem Koran, dem heiligen Buch des Islam, trugen. Zur Entzifferung der Schrift wurde ein solcher Stempel bereits ans Landeskriminalamt geschickt. Eine Auswertung liegt bisher nicht vor.

Während einer der jetzt Verhafteten, der 17jährige Klaus K. – er gibt freischaffender Künstler als Beruf an – erklärte, er habe nur für das Tragen des Koffers 20 US-Dollar erhalten, sonst wisse er nichts, haben sich seine beiden Kollegen bisher nicht bewegen lassen, auch nur die geringste Aussage zu machen: der 22jährige Student Harald R. und der 30jährige Bildhauer Holger T.

Die in Nürnberg aufgefundene Haschisch-Menge hat – soweit man den üblichen "Kleinhandelspreis" von fünf bis acht Mark je Gramm zugrundelegt – einen Wert von rund 150 000 Mark. Großabnehmer können allerdings das "Zeug" in Kilogrammpaketen schon für etwa 5000 Mark haben. Die in München sichergestellten 15 Kilogramm stellen einen Wert von rund 100 000 Mark dar. Diese Sendung wies die gleichen Stempel auf den Haschischplatten und auch die gleiche Verpackung auf.

Nach dem bisher wohl größten Nürnberger Rauschgiftfall, als Ende März nach einer gesprengten Rauschgiftparty in der Essenweinstraße ein Zentner Haschisch sichergestellt wurde, dürfte dieser neue Fall mit der Menge des sichergestellten "Stoffs" gleich nachfolgen.

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