10. August 1969: Hilfe für Krankenhaus

10.8.2019, 07:00 Uhr
10. August 1969: Hilfe für Krankenhaus

© Holzknecht

Doch im Gegensatz zu den zahllosen ausländischen Touristen, die zur Zeit – bewaffnet mit einem Fotoapparat – die historischen Stätten neu entdecken und ihren Urlaub als zahlende Gäste genießen, müssen die Teilnehmer des Lagers der Internationalen Jugendgemeinschaft Deutschland (IJGD) ihre Ferien jeden Tag aufs neue verdienen.

Insgesamt 35 Stunden pro Woche leisten sie Dienst im Sebastian-Spital und in den Städtischen Krankenanstalten – der Lohn sind kostenlose Unterkunft und Verpflegung. Ihre Freizeit dürfen die Jugendlichen aus 16 Nationen nach ihrem Gutdünken gestalten. Die Stadt gibt ihnen dazu Schützenhilfe: freien Eintritt in die Bäder und Museen sowie einen Fahrtkostenzuschuß für Ausflüge in die nähere Umgebung.

Untereinander verstehen sich die Schüler und Studenten im Alter von 16 bis 32 Jahren trotz der Sprachschwierigkeiten schon prächtig. Besonders nahe kommen sie sich, wenn sie, wie an vielen Abenden bereits, über die Politik diskutieren: bei diesem Thema sind sie meist einer Meinung. Die meisten Jugendlichen kommen aus der CSSR – insgesamt 20 – die übrigen 15 Nationen entsandten jeweils bis zu vier Teilnehmer; für Gesprächsstoff ist also immer gesorgt.

Eine günstige Arbeitszeit hat Verwaltungsrat Hans Wagner, Leiter des Amtes für Altenversorgung, für seine zehn jungen Mitarbeiter aus Holland, der Tschechoslowakei, Italien und Singapur gefunden. Die Mädchen helfen von sechs bis 13 Uhr auf der Station aus, die jungen Männer arbeiten in dieser Zeit in der Wäscherei. Die Ausländer sind über diese Lösung sehr glücklich, weil ihnen so wenigstens ein ganzer Nachmittag und Abend zur freien Verfügung steht. Die betagten Bewohner ihrerseits sind glücklich über die reizvolle Abwechslung. Sie lassen sich gern von den zuvorkommenden jungen Mädchen bedienen. Der 18jährige Lagerleiter Rob Frakking (Holland) hat keinen Grund zur Klage: "Kost und Logis sind ausgezeichnet". Seit 1966 hat das "Wastl" 80 Jugendliche beherbergt, die immer viel frischen Wind in das stille Gebäude brachten.

Noch internationaler geht es in den städtischen Krankenanstalten zu. Folgende Nationen sind hier zur Zeit vertreten: CSSR, Marokko, Frankreich, Algerien, England, Indien, Chile, Costa Rica, Brasilien, Bolivien, Schweiz, Irland und Deutschland. Lagerleiter Rainer Scholz aus Herten in Westfalen ist glücklich über diese Zusammensetzung, wenn er auch einige Schwierigkeiten hat, die vielfältigen Interessen unter einen Hut zu bringen. Für ihn spielte bei der Wahl des Lagers nicht das Land die vorrangige Rolle, sondern die Begegnung mit Ausländern.

In Nürnberg hat er es also richtig getroffen. Die Jungen sind vorwiegend in den Werkstätten und der Gärtnerei und die Mädchen mit Kochen und Waschen beschäftigt. Lediglich mit der Unterkunft und der Arbeitszeit sind die Jugendlichen nicht ganz zufrieden. Die Gruppe wohnt im Hochbunker, der leider kein einziges Fenster hat. Dafür soll aber die Dienstzeit schon heute im Sinne der Ausländer gestaltet werden, die lieber sieben Stunden hintereinander arbeiten wollen, damit ihnen mehr Freizeit bleibt. Bisher waren ihnen in bester Absicht mehrere Erholungspausen eingeräumt worden.

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