Autos gegen Kühe

23.8.2019, 19:37 Uhr

"Mehr Autos gegen mehr Kühe." Auf diese Formel brachte Greenpeace das Freihandelsabkommen, das die EU auf dem G 20-Gipfel Anfang Juli mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten unterzeichnet hat. Der Vertrag lässt die größte Freihandelszone der Welt entstehen (800 Millionen Menschen) – und er ist eine Schande.

Die europäischen Staatenlenker, die sich so besorgt zeigen über die Brandrodung der Amazonaswälder in Brasilien, sollten beschämt schweigen. Denn das Mercosur-Abkommen fügt diesem wichtigsten Lungenflügel des Weltklimas verheerende Schäden zu.

Schon der Zeitpunkt der Unterzeichnung ist erklärungsbedürftig. 20 Jahre lang war verhandelt worden. Am Ende war es Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Druck machte, gegen viele Widerstände auch in der EU. Und das, obwohl unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro die Abholzung des Amazonas ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht hat. Das Mercosur-Abkommen wird dies weiter befeuern, denn mehr Exporte von Rindfleisch, Soja und Ethanol werden diesen Raubbau noch erheblich verschlimmern.

Wollte Merkel damit US-Präsident Donald Trump zeigen, dass auch ohne ihn Handelsverträge geschlossen werden können, dass Europa Maßstäbe setzen kann? Mag sein. Doch das entschuldigt nicht die vielen schädlichen Regelungen, die damit verankert wurden.

Dabei ist grundsätzlich gegen die Idee, mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay ein Freihandelsabkommen zu schließen, wenig einzuwenden. Gerade in Zeiten, in denen Trump Handelsregeln nach Belieben zerstört, ist ein regelbasierter Austausch eine Errungenschaft. Doch auch dieser Vertrag leidet an denselben Schwächen wie das nicht zustande gekommene Freihandelsabkommen TTIP mit den USA: Kriterien wie eine nachhaltige, klimaschonendere Produktion oder soziale Belange von Beschäftigten wurden zwar erwähnt, sind aber nicht verbindlich.

Sieg der Lobbyverbände

Unter dem Strich muss man feststellen: Die Industrielobby, die Pharmakonzerne, die europäischen (und vor allem die deutschen) Autobauer haben sich durchgesetzt gegen diejenigen, die eine ökologischere Landwirtschaft möchten und dem Klimaschutz eine hohe Bedeutung zumessen. Das Mercosur-Abkommen erlaubt unter anderem mehr Rindfleischexporte, auch aus Brasilien, wo Billigfleisch unter katastrophalen Bedingungen produziert wird und die ganze Branche korruptionsverseucht ist. Kontrollen sind im Abkommen nicht vorgesehen. Es reicht die Versicherung der Regierung, dass sie sich an Vorschriften gebunden fühlt. Das ist eine Kapitulation, ein Ausverkauf.

Aber, und das hat wohl den Ausschlag gegeben, wir dürfen künftig mehr Autos nach Südamerika verkaufen und damit die Verluste wettmachen, die Trump uns gerade auf anderen Märkten beschert. Dann ist doch alles in Ordnung, oder?

georg.escher@pressenetz.de

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