27. Oktober 1969: Sturm auf Semmeln und Geflügel

27.10.2019, 07:54 Uhr
27. Oktober 1969: Sturm auf Semmeln und Geflügel

© Kammler

Offiziell sollten erst um neun Uhr die Pforten geöffnet werden; eine Stunde vorher begann jedoch schon der Sturm auf die gefüllten Regale und Verkaufsstände. Es ging dabei so heiß her, daß nicht nur Verkäufer, sondern auch die Kunden ins Schwitzen kamen. Die Ordner zuckten nur noch resignierend mit den Schultern. Dem Käuferansturm waren sie kaum noch gewachsen.

Sonderwagen der VAG brachten immer neue Menschenmassen zum Einkaufs-Zentrum, zu dem ein großer Werbe-Ballon den Weg wies. Der 1.300 Fahrzeuge fassende Parkplatz war voll belegt. Der Gründe, gleich am Eröffnungstag „dabei zu sein“, gab es viele. Zahlreiche Sonderangebote lockten die Kunden: Miniröcke zu Minipreisen, Damenschuhe ab sieben Mark und Pullover zum Stückpreis von vier Mark. Wer wollte, konnte sich für 20 oder 30 Mark komplett einkleiden.

Vielen Besuchern stand der Sinn danach. Ganze Familien zogen, mit leeren Taschen und Rucksäcken bewaffnet, in den Wettstreit um die preiswertesten Angebote. Hitzige Gefechte wurden vor allem an den Konfektions-und Wäscheständen der Kaufhäuser ausgetragen. Ruhiger ging es dagegen in den Geschäften zu, die beispielsweise Bücher oder Kunstgegenstände feilhalten.

Freunden der guten Küche boten sich in den Lebensmittel- und Feinkostabteilungen der Läden und Warenhäuser allerlei Delikatessen „für ein Butterbrot“. Tausende von Hähnchen warteten zum Preis von 1,98 Mark auf den Kochtopf, allein 12.000 wanderten nach der Zählung eines Großmarktes in die Einkaufskörbe. Weg „wie warme Semmeln“ gingen Brötchen zum Stückpreis von zwei Pfennig. Mancher Kunde transportierte 100 Brötchen auf einmal ab.

Die Kauflust der Nürnberger kannte diesmal kaum Grenzen. Nicht zuletzt trug dazu eine 20köpfige bayerische Trachtenkapelle bei, die die Stimmung kräftig anheizte. Am Abend konnten die Geschäftsleute die erste und schon positive Bilanz ziehen. Käufer und Verkäufer waren zufrieden.

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