So feierten die Nürnberger vor 150 Jahren das Weihnachtsfest

26.12.2019, 15:52 Uhr
Ein Weihnachtsabend – schon mit den uns vertrauten Tannenbäumen: die Kinder freuen sich an den neuen Spielsachen – einer Puppenstube, Holzpferdchen mit Wagen, Docken und einer Schubkarre.

© VNP / Ulrich Ein Weihnachtsabend – schon mit den uns vertrauten Tannenbäumen: die Kinder freuen sich an den neuen Spielsachen – einer Puppenstube, Holzpferdchen mit Wagen, Docken und einer Schubkarre.

In den Nürnberger Nachrichten erschien am 26. Dezember 1969 folgender Artikel:

"Das größte derartige Lager Süddeutschlands, der internationale Bazar von J. G. Kugler in der Königstraße 11 bietet en gros und en detail in seiner Weihnachtsausstellung Etuis, Portefeuilles, Holz-, Metall- und Leder-Galanterie-Waaren, Buchbinderarbeiten, Papetieren, Gürteln e. c. eigenen Fabrikates zu Fabrikpreisen an. Die Waare zeichnet sich durch Solidität und Wohlfeilheit aus."

So stand es zu lesen in einer Verkaufsanzeige im 12. Jahrgang des "Nürnberger Anzeigers" am Dienstag, 21. Dezember 1869 in einer "Extra-Weihnachts-Beilage".

Aus dieser und den schon damals recht zahlreichen Anzeigen auch in den anderen Nürnberger Zeitungen ist ersichtlich, daß sich tüchtige Geschäftsleute vor 100 Jahren auch etwas von Werbung versprachen. Viele Kleinanzeigen priesen Weihnachtsgeschenke wie: "Westphälischen Schinken, Böhmisches Schwarzwild, Englische Austern, Schmuck, Glas und Porcellan-Waaren, Uhren, Mäntel, wollene Unterröcke, Gummistoffschürzen und weiße Hemden für Männer und Frauen, Spielwaaren, Baukästen, Schlittschuhe, Reflektors auf Christbäume mit brillantem Farbenspiel" und vieles andere mehr, was groß und klein erfreuen sollte.



Wie aus den Angeboten und den vielen ausgeschriebenen Christbaumverlosungen erkennbar ist, hatte sich der Weihnachtsbaum zu dieser Zeit schon recht eingebürgert, obgleich da und dort noch an dem alten Brauch festgehalten wurde, zur rechten Zeit kleine Kirschenbäume ins Haus zu holen, die dann Weihnachten, geschmückt mit Süßigkeiten und Spielwaren einen blühenden Christbaum darstellten.

Wie sich die Probleme gleichen: auch vor 100 Jahren war es schon schwierig, den Kindern am 24. Dezember bis zum Weihnachtsabend die Zeit zu vertreiben. Eine der Möglichkeiten bot das Stadttheater am Lorenzer Platz, das um drei Uhr das letzte Mal "Knecht Rupprecht" oder "Für Groß und Klein" spielte, ein Weihnachtsmärchen mit Gesang und Tanz in drei Akten.

War das Theaterstück zu Ende, bot sich noch die Möglichkeit über den Christmarkt zu gehen, der vor 100 Jahren zwischen den "Schrannen" auf dem Hauptmarkt abgehalten wurde.

In vielen Familien war der weihnachtliche Gabentisch jedoch nicht so üppig gedeckt, wie die Zeitungsanzeigen vermuten lassen. 1869 erkannte man in Nürnberg schon die zunehmende Industrialisierung. Die Einwohnerzahl war auf 83 200 gestiegen und viele der neu zugezogenen Familien waren Arbeiter in einer der Fabriken vor der damals noch fast vollständig erhaltenen Stadtmauer.

Reichlich war damals der Lohn der Arbeiter nicht, das zeigen schon Zeitungsberichte von Weihnachten 1869, in denen die hilfsbereiten Nürnberger aufgefordert werden, für 7000 bis 8000 streikende Bergarbeiter in Waldenburg, Niederschlesien, zu sammeln.

Eine einfache Docke (Puppe), ein Zinnsoldat, ein Holzpferdchen, ein Hampelmann und die Seltenheit eines süßen Lebkuchens oder Zuckerbackwerkes waren wertvolles Weihnachtsgeschenk für viele.

Weihnachten vor 100 Jahren – Bescherung bei Reichen und Armen, bei Zufriedenen und Unzufriedenen, bei Traurigen und Glücklichen. Das Materielle, die Umgebung und die Welt haben sich verändert – der Mensch ist im Kern derselbe geblieben.

Verwandte Themen


Keine Kommentare